Nachwehen zum Schönhuber-Einsatz

■ Gefallen ist nicht geworfen: Ein Gullideckel beschäftigte das Amtsgericht Bremen

Hatte Ernst B. (48) den Gullideckel aus Versehen auf den Fuß des Polizisten Holger G. fallen lassen oder hat er ihn geworfen? Mit dieser Frage beschäftige sich gestern das Bremer Amtsgericht. B. wurde schwerer Landfriedensbruch, Widerstand in besonders schwerem Fall und vorsätzliche Körperverletzung vorgeworfen. Hintergrund für die vermeintlichen Straftaten: Der Wahlauftritt von Chef- Republikaner Franz Schönhuber am 10. September letzten Jahres in der Stadthalle.

Was für ein Einsatz: Aufmarsch der Republikaner in der Halle, Aufmarsch der Demonstranten und der Polizei davor. Die Polizei wird mit Steinen und Flaschen beworfen, kleine Stahlkugeln aus Präzisionsschleudern durchschlagen das Blech eines Polizeiautos, die rasen wahllos in die demonstrierende Menschenmenge, verfolgen einzelne Demonstranten wie Hasen bei der Treibjagd. Auf der Bürgerweide geht es ab, „kein ganz niedriges Level für Bremen“, erinnert sich ein Polizist im Zeugenstand.

„Ich habe gemerkt, daß sich da etwas zusammenbraute“, erklärte der Angeklagte B. gestern. Nach seiner Schilderung will er sich auf der Bürgerweide zur Flucht gedreht haben und dabei über ein offenes Gulli-Loch gestolpert sein. Das fehlende Rost habe er wenige Meter neben dem Loch ausgemacht. Er habe es hochgenommen, in der Absicht, es zurückzulegen. Plötzlich habe jemand auf seine Schulter geklopft. Durch den Schrecken habe er das 20-Kilo- Eisen fallen gelassen, den anstürmenden Polizisten habe er vorher nicht wahrgenommen. Der Polizist ist Holger G., dem der Rost auf den Zeh fällt.

G. stellt es anders dar: Er habe B. mit dem Rost in der Hand beobachtet und wollte ihn festnehmen, „um eine Straftat zu verhindern“. Im Laufen habe er den Verdächtigen angerufen, der darauf den Rost auf ihn geworfen habe. Das Eisen verletzt auf zwei, vielleicht drei Meter Entfernung den mittleren Zeh des linken Fußes, „mit Riß im Nagelbett“, wie der Polizeiarzt noch am Tatort feststellt. Eigentlich sei G. danach dienstunfähig gewesen, aber weil man seine Kameraden nicht im Stich läßt, sei er nach kurzer Behandlung wieder zu seiner Gruppe gegangen, erklärt G. dem Gericht.

Alles eher läppisch: Kein schwerer Landfriedensbruch, auch Widerstand kann Amtsrichter Ulrich Hoffmann in der Haltung des Angeklagten nicht erkennen. Was bleibt, ist Körperverletzung, die aber nicht vorsätzlich, sondern in den Augen des Richters fahrlässig ist. Auch will der Richter dem Angeklagten die Geschichte vom großen Erschrecken nicht ganz abkaufen: B. hat ein ausgedehntes Vorstrafenregister. Dreißig Tage muß B. jetzt in seinem gelernten Beruf als Altenpfleger gemeinnützige Arbeit leisten, im Gegenzug wurde das Verfahren eingestellt. mad