»Wunschkonzert für linke Säue«

■ Neonazis blockieren »Antirassistisches Telefon«, das über einen geplanten Nazi-Aufmarsch im fränkischen Wunsiedel informiert/ Seit einem halben Jahr häufen sich die neonazistischen Drohungen

Berlin. Seit über einer Woche versuchen Neonazis, den Anrufbeantworter des »Antirassistischen Telefons« zu blockieren. Erst sei das dreißigminütige Band mit Marschgesängen bespielt worden, die ein Loblied auf »die festen Reihen der SA« anstimmten, dann sei die Parole gefolgt: »Das war das Wunschkonzert für die linken Säue.« »Mit dieser Kampagne« wollen Neonazis offensichtlich die Kommunikation der »Antirassistischen Initiative e.V.« mit anderen antifaschistischen Gruppen Berlins stören, so Mitarbeiter Peter Finger gegenüber der taz.

Auslöser der Nazi-Kampagne war ein Flugblatt, das Anfang vergangener Woche bundesweit kursierte und auf einen geplanten Neonazi-Aufmarsch in Wunsiedel im Frankenland hinwies. Darin wurde zu einer Gegendemonstration durch Antifa- Gruppen aufgerufen. Das »Antirassistische Telefon« ist auf dem Flugblatt als eine von vielen Kontaktadressen genannt. »Wir wollten als Info-Telefon fungieren, damit die Leute Bescheid wissen«, erklärte Peter Finger. Der ständig blockierte Anrufbeantworter erschwert jetzt die Arbeit. Zwar könnte durch die einminütige Ansage informiert werden, aber neue Informationen erreichten die Initiative nur noch, wenn das Telefon von montags bis freitags zwischen 17.30 und 20.30 Uhr besetzt sei.

Seit einem halben Jahr häuften sich die Drohungen gegen die »Antirassistische Intitiative«. In den Bürozeiten gebe es Anrufer, die meist sofort wieder auflegten, wenn sie merkten, daß da nicht der Anrufbeantworter am Apparat sei, aber inzwischen ließen sich viele Neonazis davon nicht abschrecken. Peter Finger erzählte, daß sich am vergangenen Samstag jemand getraut habe, seinen Drohgruß ihm sozusagen persönlich ins Ohr zu flüstern: »Ihr gehört zu den 70 Organisationen, die wir vernichten werden. Euch kriegen wir auch noch.« Passiert sei bisher noch nichts, aber man sorge sich schon »um den eigenen Kopf«: »Wenn wir mit unserer Arbeit nicht in die Anonymität abtauchen wollen, müssen wir dazu stehen. Schützen können wir uns dann nur schwer.«

Die Antirassistische Initiative e.V. arbeitet seit 1988 in Berlin und finanziert sich aus Spenden und Beiträgen von 25 Mitgliedern. Zur Aufgabe haben sie sich gemacht, den »alltäglichen und institutionellen Rassismus in Berlin« zu bekämpfen, auch wenn es den »offiziell in der Bundesrepublik« gar nicht gebe. Das reiche von der schwarzen Frau, der ein Frisör die Haare mit Absicht verschnitten habe, bis zum Mord aus rassistischen Motiven, wie in Eberswalde im November 1990. Seit über einem Jahr gibt die Initiative zudem die Zeitung ZAG heraus zusammen mit dem »Antifa-Infotelefon«. Ralf Knüfer

Die »Antirassistische Initiative« ist unter 7857281 zu erreichen.