„Die Schlinge wird zugezogen“

■ Belgrader Politiker weisen die UNO-Resolutionen als einseitig zurück/ Serbische Generäle ziehen Parallele zur Golfkriegs-Resolution und drohen mit Gegenschlägen

Das offizielle Belgrad hat die von der UNO verabschiedeten Resolutionen gestern als einseitig zurückgewiesen. Der Präsident der Bürgerkammer des Belgrader Parlaments, Jugoslav Kostic, betonte, daß der Frieden nur durch die von der Europäischen Gemeinschaft vorgeschlagene Aufteilung der Bürgerkriegsrepublik in Kantone hergestellt werden könnte. Miroslaw Marcovic von der regierenden Sozialistischen Partei der Föderativen Republik Jugoslawien sagte, eine militärische Intervention sei „unfähig, einen Krieg zwischen Volksgruppen zu beenden“. Sie berge das Risiko „unkontrollierbarer Konsequenzen“.

Auch die serbischen Medien kritisierten die Resolution. Die Schlagzeile der Belgrader Vecernji novosti lautete gestern: „Die Schlinge wird zugezogen“. Und weiter: „Dies ist die grausamste Resolution, die die Vereinigten Nationen in ihrer Geschichte jemals gegen ein Land gerichtet haben. Die Resolution erlaubt nicht nur den Einsatz militärischer Mittel, mit ihr soll mehr erreicht werden, Belgrad soll endgültig eine Schlinge um den Hals gelegt werden“.

Auch die oppositionell ausgerichtete Borba hält die Politik der Vereinigten Nationen für einseitig, sinnlos und gefährlich. Die serbische Seite in Bosnien habe doch Zugeständnisse um Zugeständnisse gegeben. Der Flughafen Sarajevos sei der UNO übergeben worden, man habe der Schaffung von Landkorridoren für Hilfslieferungen zugestimmt, die Inspektion aller Gefangenenlager genehmigt und den Austausch von Gefangenen angeboten.

Der Präsident der selbsternannten „Serbischen Republik“ in Bosnien- Herzegowina, Radovan Karadzic, ließ über das Freie Radio der Republik verkünden: „Jetzt droht die Gefahr, daß sich Bosnien in eine Hölle verwandeln wird“. Ein Szenario dazu lieferte der Serbenchef gleich mit: Irgendjemand von muslimanischer Seite werde auf einen UNO- Konvoi das Feuer eröffnen, die Blauhelme würden zurückschießen und für den Zwischenfall würde man „wie immer die Serben verantwortlich machen“. Karadzic führt als Beispiel den Tod des amerikanischen Reporters David Kaplan vom Donnerstag an. Kaplan, der den jugoslawischen Premier Milan Panic bei einem überraschenden Besuch in Sarajewo begleitete, wurde während der Fahrt vom Flughafen in die Stadt von Heckenschützen erschossen. Panics Reaktion darauf: „Es waren keine Serben, das waren Kriminelle, das waren Verbrecher. (...) Das ist kein Krieg, das ist ein Bürgerkrieg.“ Mit anderen Worten: Panic weist jede Kriegsbeteiligung Serbiens weit von sich.

Serbische Generäle rasseln derweil bereits mit den Säbeln. So der Kommandant der jugoslawischen Luftwaffe, General Radomir Sekulic: „Unser Luftverteidigungssystem ist in der Lage, jeden Angriff auf unsere Städte abzuwehren. Allen Angreifern drohen wir mit Gegenschlägen“. In Interviews verbreitet er bereits die Hysterie, die UNO-Resolution 770 bilde die Grundlage für einen Großangriff auf Rumpf-Jugoslawien à la Irak. Der Außenminister der „Serbischen Republik“ in Bosnien, Aleksa Buha, droht für den Fall eines Militäreinsatzes mit internationalen Anschlägen. Nach Buha hätten außerhalb Jugoslawiens lebende Serben bereits angeboten, Kamikaze- Aktionen gegen Einrichtungen in Westeuropa zu führen. Buha wörtlich: „Wenn es sein muß, auch gegen Atomkraftwerke“. Roland Hofwiler, Podgorica