Wieder Wirbel um Hamburgs Polizei

■ Die Bekämpfung von korrupten Polizeibeamten wird heftig diskutiert / Sondersitzung des Innenausschusses gefordert

wird heftig diskutiert / Sondersitzung des Innenausschusses gefordert

Nach den Veröffentlichungen über die „Rambos“ der „16E“-Schicht (Wache Lerchenstraße) erregen nun zu Wochenbeginn die Warnungen von Kripo- Chef Wolfgang Sielaff über mögliche Korruption bei der Polizei die Gemüter (taz berichtete). Sielaff fordert die Bildung einer ständigen Einheit „interne Ermittlungen“ für eine dauerhafte „Innenrevision“. Die CDU beantragte eine Sondersitzung des Innenausschusses. Thema: „Korruption bei der Polizei“. Hardliner Karl-Heinz Ehlers: „Auf dieser Sondersitzung soll Senator Hackmann alle ihm bisher bekannten Fälle auf den Tisch legen.“

Korruption bei der Polizei ist kein neues Phänomen. Anfang der achtziger Jahre sorgten korrupte Beamte, die eng mit dem Dealer- und Kiezmilieu verquickt waren — beschlagnahmte Drogen landeten via Polizeipräsidium wieder direkt im Handel, Razzien wurden vorweg verraten —, für den großen Polizeiskandal. Noch bevor Präsident Günter Redding seinen Hut nehmen mußte, zog er erste Konsequenzen. Er richtete 1982 die Dienststelle für Beamtendelikte — den Präsidialstab 3 („Ps3“) — ein, der fortan nicht der Polizeiführung, sondern direkt dem Polizeipräsidenten (jetzt Innenbehörden- Staatsrat Dirk Reimers) unterstellt sein sollte. Auf diese Weise sollte eine mögliche Kumpanei vermieden werden.

Das „Ps3“ hatte in den vergangenen zehn Jahren einige Probleme. Die 20 Beamten, innerhalb der Polizei gern als „Genickschußabteilung“ tituliert, werden erst aufgrund eines konkreten Strafantrags aktiv und sind reine Schreibtisch- Ermittler. Sie verhören den Anzeigenden, soweit überhaupt vorhanden mögliche Zeugen und den Angeschuldigten. Aufgrund der Aktenlage wird dann über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens entschieden. Weil die Beschuldigten in der Regel die Vorwürfe bestreiten, werden meist — wie im Fall der „16E“-Schicht — spätestens bei der Staatsanwaltschaft nach dem Studium der Akten die Verfahren verworfen.

Sielaff plädiert deshalb für den Ausbau einer „Ps3“-ähnlichen Abteilung zu einer echten Einsatz- und Ermittlungstruppe, die bereits bei geringen Verdachtsmomenten tätig wird. Polizeisprecher Wolfgang Lüdtke: „Die Dienststelle muß personell so ausgestattet sein, daß sie nicht nur vom Schreibtisch aus tätig ist, sondern daß sie auch operativ tätig werden kann.“ Im Klartext: Nach Sielaffs Vorstellungen sollen Kripo-Beamte künftig nicht nur damit rechnen müssen, daß bewußt schlampig und ergebnislos geführte Ermittlungen überprüft werden. Denkbar wären auch Situationen, daß Fahnder bei geringen Anhaltspunkten von „Ps3“- Fahndern während laufender Einsätze überwacht oder Ermittlungen überprüft werden, um mögliche Verflechtungen zur Unterwelt (Schmiergeldzahlungen, Nebenjobs, Vergünstigungen) aufzudecken.

Der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Kritische PolizistInnen, Manfred Mahr, hält Sielaffs Vorstoß

1für einen Schritt in die richtige Richtung. Mahr kann sich beispielsweise vorstellen, daß bei Demonstrationen eine Art „Einsatzzug Ps3“ vor Ort strafrechtliches Verhalten von PolizistInnen direkt ahndet.

Mahr geht aber noch einen Schritt weiter: „Eine derartige Polizeitruppe darf nicht im eigenen Apparat angesiedelt sein, um Kameraderie zu verhindern.“ Der Reviereinsatzführer plädiert dafür, eine „Polizei für die Polizei“ zum Bei-

1spiel unter die direkte Obhut der Staatsanwaltschaft zu stellen.

Diese Diskussion darüber scheint derzeit durchaus offen zu sein. Lüdtkes Bedenken: „Wo letztlich eine derartige Dienststelle angesiedelt ist, ist unerheblich. Sie darf nicht direkt bei der Polizei, sie darf aber auch nicht weit weg von der Polizei sein. Denn nur wer die Arbeit der Polizei kennt, kann Verstöße erkennen.“

Innensenator Werner Hackmann ist offensichtlich von dem Vorstoß

1seines Kripo-Chefs überrollt worden. Er sieht wieder mal keinen Anlaß zum Handeln. Sprecher Günter Krebs: „Es gibt natürlich einzelne Fälle von Korruption, alles andere wäre bei 10000 Mitarbeitern nicht wahr.“ Die vorhandenen Instrumentarien reichten aber aus. Krebs: „Wenn es einen strafrechtlichen Anfangsverdacht gibt, dafür haben wir 'Ps3‘. Disziplinarrechtliche Verstöße werden durch die Dienst- und Fachaufsicht geahndet.“ Kai von Appen