Nackte Feinde, Zwillinge

■ Angelika Weber druckte nackte Körper von Frauen und Männern auf Folien ab

Eine Frau und ein Mann. Sie wendet sich ab. Oder: Er schmiegt sich an. Oder: Er drängt von hinten. Oder: Sie streckt die Arme aus, hebt ab, scheint zu fliegen. Die Körper sind nackt, weniger als nackt und zugleich mehr. Abgebildet auf kühler klarer Folie: Körperbilder wie Fingerabdrücke, transparent gegen das Licht anzusehen, farbbestrichene Haut direkt abgedruckt auf Folie: rot die Frau, schwarz der Mann.

Angelika Weber, vor 40 Jahren im Bergischen Land geboren, hat rund ein Dutzend Modelle mit Fingerfarbe bestrichen und auf mehrere Folien gelegt oder gerollt; und hätte, zur eigenen Überraschung,noch eine ganze Liste abdruckwilliger KandidatInnen in petto gehabt.Die Ergebnisse sind im Schlachthof-Turm anzusehen.

Dort hängen, von drei Seiten lichtdurchflutet, die Bilder an Wänden und als Rauminstallation. Zu sehen sind Klischees und Überraschungen, Gegensätze und Spannungslinien, Symbiosen und Konfrontationen. „Sehr behaarte Männer drucken sich natürlich anders!“ lächelt Angelika Weber, die sich als Aktzeichnerin sehr für den weiblichen Körper interessierte und dann zunächst ziemlich zurückhaltend mit den Männer-Akten begann, die sie anfangs „nicht so spannend“ fand.

Die Männer: schwarz „wie das Ende, wie Auslöschen, auch wie teuflisch, unmoralisch. Die Frauen: rot wie Feuer, Energie, wie Liebe, ein ganz und gar weiblich besetztes Signal“, findet Weber. Je nach Farbauftrag und entsprechend bewußt eingesetzt erscheinen Brüste, Waden oder Schenkel voluminös, dick, üppig, oder durchscheinend, filigran. Die Körper erscheinen fleischlich, prall, satt, oder ganz reduziert, als Gerüst.

Die Schwierigkeit, mit Brüsten und Schoß nur plakativ und banal zu wirken, ist der Künstlerin bewußt; sie hat deshalb Serien, Steigerungen und Gegensätze zusammengestellt, ganz verschiedene Oberflächen abgebildet. Manchmal sind Mann und Frau, wie aus zwei getrennten Welten, auf Vorder- und Rückseite der Folie gedruckt. Einmal liegen die Abdrücke Mann und Frau fast direkt übereinander, sich ähnlich wie Zwillinge. Einmal scheint eine überlange, dünn gestreckte Frauenfigur diagonal aus dem Bild zu fliegen, abzuheben, den dunklen, klobigen Mann auf der Erde zurücklassend.

Manche Männer waren überrascht, wie schmalgliedrig, wie schlank ihre Körperbilder wurden, nur noch an der Farbe als Geschlecht zu erkennen. An Oberflächen und Kompositionen sind alte Gegensätze und neue Anblicke zu begucken: kräuselige, diffuse oder seidenglatte Häute, säulenhafte, gebogene, breithüftige oder gespreizte Haltungen. Frau und Mann sind — anders, das kann man sehen. S.P.

Bis 3.9. im Schlachthof, Turm, 2. und 3. Ebene, Sa. 15-17, So. 12-15 Uhr und nach Vereinbarung