Mit Flasche gegen Gummiknüppel

■ Verfahren gegen Demonstranten eingestellt / Ermittlungen gegen Polizei

Knapp ein Jahr ist es her, da spielten sich vor der Stadthalle Jagdszenen ab. Die Republikaner hatten zu einer Wahlkundgebung geladen. Gegendemonstranten waren erschienen. Die Polizei nutzte die Gelegenheit zur großen Hatz. Knüppel wurden geschwungen, Wasserwerfer eingesetzt, teilweise wurden Protestierende mit Polizeifahrzeugen über die Bürgerweide gehetzt. Nachdem zahlreiche Beschwerden bei ihm eingegangen waren, stellte der Anwalt R. Engel namens einiger Demo-Opfer Strafanzeige gegen mehrere Polizisten unter anderem wegen Vereitelung einer nichtverbotenen Veranstaltung und Körperverletzung im Amt.

Gestern saß Anwalt Engel im Amtsgericht, um eines der damaligen Demonstrationsopfer zu verteidigen. Dem 23jährigen Markus L., selbst Kläger gegen die Polizei, wurde Landfriedensbruch und Widerstand vorgeworfen. Die Geschichte, die Markus L. zu erzählen hatte, ging so: Er sei mit drei Freunden zur Demonstration gegangen, übrigens zum ersten Mal. Aus einer Gruppe waren Flaschen und Leuchtraketen geschleudert worden. Die Stimmung war aufgeheizt. Plötzlich mischte ein Trupp Uniformierter, die friedliche Demonstrationsgruppe auf, in der sich Markus L. befand. Mit einem Knüppel sei er auf Kopf und Rücken geschlagen worden. „Ich hatte Mörderpanik, daß die mich windelweich schlagen.“ Da habe er den Polizisten „eine halbvolle Flasche Becks vor die Füsse geworfen.“ Landfriedensbruch?

Für die Polizisten jedenfalls Anlaß, Markus Z. zu Boden zu bringen. Einer habe sich auf seine Hand gestellt, dazu, so Markus Z., gab es einen Tritt „in die Eier“. Am nächsten Tag mußte er sich krankschreiben lassen.

Nur zwei beteiligte Polizisten können als Zeugen vernommen werden, die anderen sind in Urlaub. Die Aussagen der beiden Polizisten werfen Fragen auf. Beide vermögen nicht zu sagen, ob die Einsatzleitung die Versammlung irgendwann einmal per Lautsprecher aufgelöst hat. Von einem „Knüppel-raus-Kommando“ ist ihnen nichts bekannt. Gesehen haben sie Entsprechendes auch nicht. Und den Vorstoß in die Demonstration hinein, begründet ein Gruppenführer damit, daß so Gäste der Rep-Veranstaltung durch die Prostestierenden gebracht werden sollten. Davon hatte allerdings weder der Angeklagte noch drei andere Zeugen irgendetwas gesehen.

Auch die Richterin und der Staatsanwalt schienen ihre Zweifel zu haben. Aber wer eine Flasche Richtung Polizei wirft, kann nicht freigesprochen werden, deshalb wurde das Verfahren gegen eine Geldbusse von 300 Mark (20 Tagessätze) eingestellt. Übrigens: Die Ermittlungen gegen die Polizisten sind von der Staatsanwaltschaft wegen der Prozesse gegen die Demonstrantaten zurückgestellt worden. hbk