Gerichtsentscheidung zur Hamburger Hafenstraße vertagt

Hamburg (taz) — In der zweiten Runde der Räumungsprozesse gegen die BewohnerInnen der Hamburger Hafenstraße in St. Pauli vor dem Landgericht Hamburg wird es zunächst keine Entscheidung geben. Die zuständige Zivilkammer 34, die gestern über die Kündigung von 11 Wohnungen mit rund 35 BewohnerInnen zu entscheiden hatte, kündigte an, den Rechtsstreit zur „grundsätzlichen Klärung“ dem Hanseatischen Oberlandesgericht (OLG) vorzulegen. Durch einen derartigen Vorlagebeschluß möchte das Gericht geklärt wissen, ob die obersten Hamburger Richter auch die Auffassung vertreten, daß eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVG) vom Juli 1991 auch auf die Hafenstraßenbewohner Anwendung finden kann. Das BVG hatte damals entschieden, daß auch bei der Kündigung eines „gewerblichen Zwischenmietvertrags“ — zu dem der mittlerweile rechtsgültig gekündigte Hafenstraßen-Pachtvertrag gehörte — die Untermieter den gleichen Kündigungsschutz besitzen wie reguläre Hauptmieter. Acht von zwölf Amtsgerichten waren in der ersten Instanz im Frühjahr dieser Auffassung der Karlsruher Richter gefolgt und hatten die Räumungsklagen der stadtstaatlichen Hafenrand GmbH gegen die HafensträßlerInnen abgeschmiert. Über den Vorlagebeschluß wird die Kammer am 8.Oktober entscheiden. Bis dahin werden noch zwei weitere Zivilkammern, die sich im September und Oktober mit Räumungsklagen zu befassen haben, ihre Marschroute festgelegt haben. Sollte es zum kollektiven Vorlagebeschluß aller drei Landgerichte kommen, ist eine Entscheidung nicht vor April nächsten Jahres zu erwarten. Dieser Entscheidung blicken die Bewohner des Hafenrands mit wenig Zuversicht entgegen, denn das hanseatische Oberlandesgericht als senatshörig und stockkonservativ verschrien. Kai von Appen