Die Boy Scouts of America geben ihre Diskrimierungspolitik nicht auf

■ Wo sind die schwulen Fähnleinführer?

Wo sind die schwulen Fähnleinführer?

San Francisco (taz) — Die Bank of America sponsert seit letzter Woche wieder die US-Pfadfinder-Organisation Boy Scouts of America. Die Banker hatten vor zwei Monaten die Unterstützung der Pfadfinder eingestellt, weil diese keine schwulen Jungen und Männer in ihren Reihen dulden und dies firmeneigenen Antidiskriminierungs-Richtlinien zuwiderläuft. Auch der Jeans-Konzern Levi's und die Wells Fargo Bank hatten ihre Zuwendungen gestoppt. Nach Meinung von Sprechern der Bank of America hat sich die Bank zu der Meinung entschlossen, daß die Pfadfinder inzwischen ihre Diskriminierungspolitik aufgegeben haben. Sprecher Peter Magnani sagte dem San Francisco Chronicle: „Die sind jetzt offen für alle Jungen.“

Hintergrund der Entscheidung dürfte aber eher die explizite Kritik der Partei-„Plattform“ der Republikaner an dem Pfadfinderboykott der Bank sein. Auf ihrem Parteitag in Houston haben die Republikaner gerade den „religiösen und kulturellen Krieg“ gegen Schwule, Lesben sowie „radikale Feministinnen“ verkündet. Rechtsaußen Pat Buchanan: „Wir sind gegen die amoralische Idee, daß schwule und lesbische Paare die gleichen Rechte wie verheiratete Frauen und Männer haben sollten.“ Auch im Militär seien Schwule und Lesben nicht tolerabel. Die Bank of America erklärte allerdings, daß sie den Boys-Boykott nicht wegen des öffentlichen Drucks der Konservativen aufgegeben habe.

Die Boy-Scouts ihrerseits machten klar, daß von einer Änderung ihrer antischwulen Politik nicht die Rede sein kann. Die Formulierung „morally straight“ im Eid der Pfadfinder bedeute „nicht homosexuell“, sagte ein Sprecher. Schwule Jugendliche seien für eine Mitgliedschaft bei den Boy-Scouts „disqualifiziert“, weil ihr Lebensstil „nicht den Erwartungen der Mehrheit der amerikanischen Familien“ entspreche.

Auf Vorhaltungen, daß die Boy- Scouts Schwule weiterhin diskriminierten, reagierte die Bank of America windelweich. Ihr sei zwar klar, daß die Pfadfinder Schwule nicht als Funktionäre und Fähnleinführer duldeten, doch komme es ja hauptsächlich auf die ganz kleinen Jungs an, die Zutritt haben müßten. Vertreter des Jeans-Herstellers Levi Strauss, der seinen Boykott ebenso wie Wells Fargo nicht aufgeben will, bestätigten dagegen die harte Haltung der Boy-Scouts: „Uns wurde mitgeteilt, daß Schwule und Atheisten weiterhin als Mitglieder und Funktionäre keine Chance haben.“ Die Auseinandersetzung um den Boys-Boykott findet vor dem Hintergrund eines Rollback gegen gleiche Rechte für Schwule und Lesben statt. So sollen im Wahlmonat November in Oregon und Colorado Volksabstimmungen über Gesetze stattfinden, die die Emanzipation und einen rechtlichen Schutz von Homosexuellen ausdrücklich ausschließen. Das Gesetz in Oregon würde den Staat verpflichten, sich aktiv gegen Homosexualität einzusetzen, und könnte dazu führen, daß Schwule und Lesben nicht mehr als Beamte oder Lehrer eingestellt werden dürften. Auch Demo-Verbote, die Zensur von Bibliotheken und der Entzug von Schanklizenzen könnten dann möglich sein, wie einige Rechtsexperten meinen. Hans-Hermann Kotte