Stell dir vor, einer ganz alleine...

■ Nicht so komisch: Bernd Lafrenz aus Freiburg gastiert mit seiner Soloshow »Macbeth« im BKA

Der Mann, der sich das bunte Plaid über beide Ohren gezogen hat, steht geheimnisvoll über die Glaskugel gebeugt und beschwört seltsame Geister. Diese Geister sind das aufwendige Personal aus dem Mörderdrama um den schottischen Krieger Macbeth, der unter dem Banner Shakespearscher Verskunst den Wirrnissen einer unsäglichen Verführung ausgesetzt ist: Macbeth wird in rätselhaftem Zauberspruch von heimtückischen Hexen geweissagt, daß er ein unbesiegbarer König sein wird. Der Selbstsucht des ganz auf sich allein gestellten Individuums ist jede Tür geöffnet, Macbeth wird — angestachelt durch die Machtgelüste seiner Frau — nicht nur den König Duncan töten, sondern alle, die seiner Vision entgegen stehen.

Auch Bernd Lafrenz, Schauspieler und Komiker aus Freiburg, ist ganz auf sich gestellt — denn er spielt alle Rollen in seiner Comicalversion des Shakespearedramas selbst. Doch tragische Motivationen sind seine Sache nicht. Der alberne Einfall regiert die Szene und beutet aus, was der Klischeeberg zwischen Mittelalter, Renaissance und Neuzeit angesammelt hat: Viel dummes Volk, dicke, versoffene Männer, eingebildete, stolze Krieger und eitle Damen bevölkern die von dem herumrennenden Schauspieler unermüdlich genutzte Bühne.

Auch die eingefügte Rahmenhandlung des schreibenden Shakespeare, der in der Dichterkemenate von seiner eigenen, verständnislosen Mutter und von dem spielgeilen Schauspieler Richard Burbadge heimgesucht wird, dient weder historischer Einsicht noch psychoanalytischer Spekulation.

Mit schrägen Grimassen und gebückten Körperhaltungen skizziert der etwas näselnde Tausendsassa die Handlung auf reichlich hölzernen Füßen. Alles Schaurige ist ins banal Komische (ab-)gewendet. Wenn zu Beginn die Norweger gegen Macbeths Truppen die Schwerter fallen lassen, weil zwischen ihren Reihen plötzlich der Spruch: »Stell dir vor es ist Krieg und keiner geht hin« die Runde macht, so bleibt das einer der wenigen, schmächtigen Anspielungen, die so etwas wie eine groteske Schau aufs Heute zulassen.

Insgesamt gelingt das ganz auf den vordergründigen Lacher ausgerichtete Amüsement im zweiten Teil des Abend besser als im ersten, der vorwiegend dafür herhalten muß, die running gags zu etablieren: Ein immer dreingrinsender, idiotisch lachender Bote tritt hartnäckig in Erscheinung und verkündet, was so zu verkünden ist. Pferde galoppieren in allen erdenklichen Gangarten und der Kampf der Schwerter gerät allenthalben zur beiläufigen Farce während der Wortwechsel vonstatten geht.

Mit Wonne gibt sich Lafrenz vor allem der Darstellung der Hexen hin, die sich mit allerlei Fliegengeschmeiß bis in die Publikumsreihen herumplagen müssen, als wäre dieser älteste aller Theatertricks gerade neu erfunden worden. Während die Gestalt des Macbeth keine eigenen Charakterumrisse aufzuweisen hat, finden wir in Lady Macbeth immerhin ein herrlich eitles Wesen, das an ihrem ganzen Körper Flecken nachlässiger Schönheitspflege zu entdecken versteht.

Am stringentesten bei alledem die Mordnacht: Die zwei Treppen zur Mordstätte werden immer wieder herzhaft angegangen, während die quietschenden Türen überraschend lautstark aus dem lustvoll partizipierenden Publikum intoniert werden. Im großen, halbgefüllten BKA- Raum wirken die Mitspielinvektiven jedoch ein bißchen verloren und die kleinen Grinse-Spitzen Lafrenz', der ganz herrlich mit jedem Auge einzeln rollen kann, unplaziert und wenig komisch.

Eine Warnung noch zum Schluß: wer blondes langes Haar mitbringt, lebt gefährlich — denn Hexen brauchen solches für den Zaubertrunk, der Macbeth die verführerischen Visionen offenbart. baal

Weitere Vorstellungen: heute und morgen, 20.30 Uhr in der BKA- Dachluke, von 3.-12.9., 20.30 Uhr, außer montags im BKA-Zelt an der Philharmonie