Verfassungsgericht stoppt Wahl

■ AL-Antrag in Wilmersdorf auf Bezirksamtswahl nach Hare-Niemeyer wird Ende September verhandelt

Wilmersdorf. Das Berliner Verfassungsgericht stoppte die Wahl des Wilmersdorfer Bezirksamtes am Donnerstag mit einer einstweiligen Anordnung auf Antrag der AL. SPD und FPD hatten sich entgegen ersten Plänen nicht daran beteiligt, um die Bezirksamtswahl nicht in die Länge zu ziehen, wie die SPD-Kreisvorsitzende Monika Schümer-Strucksberg zur taz sagte. Die AL will das Bezirksamt nach dem Zählverfahren Hare-Niemeyer und nicht, wie üblich, nach d'Hondt wählen lassen. Entscheiden wird das Gericht am 28.September.

Nach d'Hondt hätte die CDU, die 40,5 Prozent der Stimmen und 19 der 45 Sitze in der Bezirksverordnetenversammlung hat, vier von sieben Stadträten gestellt. Die SPD mit 27,1 Prozent der Stimmen und 12 BVV- Sitzen hätte zwei Stadträte. Die AL mit 16,2 Prozent der Stimmen und acht BVV-Mandaten hätte einen Stadtrat. FDP (7,0 Prozent) und »Republikaner« (7,2 Prozent) mit jeweils drei Sitzen gängen leer aus. Nach Hare-Niemeyer stellten die CDU in Wilmersdorf nur drei Stadträte, SPD zwei, die AL einen, und der siebte Posten würde zwischen Reps und FPD ausgelost. Man wolle Hare- Niemeyer, auch wenn die »Republikaner« einen kurzfristigen Vorteil hätten, so die AL-Verordnete Ingvild Kiele. Solch schäbige Tricks wie der Parteiwechsel der Kreuzberger AL (die taz berichtete) wolle man nicht anwenden. Unklar ist außerdem, wer den Bezirksbürgermeister stellen wird. Die FDP soll dem jetzigen Amtsinhaber Horst Dohm (CDU) ihre Unterstützung angeboten haben, demnach würde Dohm nur noch eine Stimme an der absoluten Mehrheit fehlen. Die könnte von den Reps, aber auch von der SPD kommen, der die CDU dann das — von beiden beanspruchte— Volksbildungsressort überlassen müßte.

Die CDU will außerdem das Bauressort, das Uwe Szelag (AL) innehat. Szelag-Vorgänger Jörg Herrmann (CDU) war wegen Bestechlichkeit verhaftet worden. Im einflußreichen Bauressort wird nicht nur über Großprojekte, etwa die Überbauung des Halenseegrabens entschieden, sondern auch über Tempo-30-Zonen und einen Teil der Busspur am Kurfürstendamm. Szelag war zudem bekannt durch sein hartes Durchgreifen bei der Zweckentfremdung von Wohnraum — CDU-Landeschef Klaus Landowsky hatte sich jüngst dafür ausgesprochen, diese Gesetze zu lockern. Man habe auch deswegen Szelags Wiederwahl befürwortet, meint Schümer-Strucksberg. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse sei dies jedoch schwierig, zumal die SPD bisher noch nicht für alle eigenen Kandidaten sichere Mehrheiten habe.

Was die Zweckentfremdung angehe, habe man mit der AL keine großen Differenzen, so der CDU- Kandidat für das Bauressort, Dietrich Maes. Unterschiede gibt es jedoch bei den Tempo-30-Zonen, die sich die CDU kleiner wünscht, und der Ku'Damm-Busspur: Was deren zeitliche Eingrenzung angehe, sei man sich mit dem Verkehrssenator einig, so Maes. Ob Maes allerdings wirklich das Rennen macht, ist noch nicht sicher: Stadträte dürfen nicht älter als 57 Jahre sein. Und diese magische Grenze ist für Maes am 28.Oktober erreicht. Eva Schweitzer