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KOMMENTARArgumente aus der Besenkammer

■ Scheitern die Sinti-Kulturtage an der Stadtreinigung?

Es ist empörend, daß die öffentliche Debatte über Rostock sich immer noch zumeist darin erschöpft, welche »Ausländerdichte« der deutschen Bevölkerung zuzumuten sei. Die Pflicht eines demokratischen Staates, auch Asylbewerbern Menschenrechte und körperliche Unversehrtheit zu garantieren, geht dagegen unter. Dabei ist das Argument, die DDR-Bürger seien nicht so viele Ausländer gewohnt, auf eine fatale Weise entschuldigend — und auch falsch. In allen ostdeutschen Bundesländern gibt es derzeit weit weniger Ausländer als zu DDR-Zeiten — Hunderttausende von Vertragsarbeitern sind ebenso verschwunden wie auch ein bedeutender Teil der sowjetischen Soldaten. Um die reale Zahl der Ausländer aber geht es weder der Bundesregierung noch den Neonazis. Sie sind nur die Hauptaktionäre der Arbeitsgemeinschaft politischer und administrativer Scharfmacher.

Um so bedeutsamer — und beschämend, es mutig nennen zu müssen — ist es, mit den geplanten Kulturtagen der Sinti und Roma deren Beitrag zur europäischen Kultur herauszustellen und dies auch zum 3. Oktober zu tun. Ein vereintes Deutschland, das einen bisher unvorstellbaren neuen Rassismus erlebt, muß daran erinnert werden, daß die vierzigjährige Teilung eine gerechte Strafe für die deutschen Verbrechen war. Das Datum der deutschen Vereinigung ist nicht denkbar ohne die hier lebenden Ausländer, insbesondere wenn sie wie Sinti und Roma Opfer der Nazis waren. Erbärmlich wäre es deshalb, wenn dieses Vorhaben daran scheitern sollte, daß in Berlin wenige tausend Mark für die Stadtreinigung fehlen. Man müßte ansonsten den Eindruck haben, der Senat gebe den niedrigen Motiven der Neonazis nach oder wolle den Anfeindungen, die eine solche Veranstaltungsreihe absehbar auf sich ziehen wird, auf bequeme Weise aus dem Weg gehen. Gerd Nowakowski

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