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Fleischiger Wabbel

■ »Hanna Monster, Liebling« von Christian Berger läuft im fsk

Als wäre man mitten in der Rama-Werbung, tummelt sich dort auf den elendig weiten und ungesund saftigen Wiesen das Paar. Sie hat einen überaus dicken Bauch unter dem blütenweißen Flatterkleidchen — wird wohl schwanger sein. Wie glücklich Verliebte halt so sind, springen und hopsen sie durch das wogende Gras, nur irgend etwas stimmt nicht. Alles in Schwarz-Weiß, das deutet Zuschauer das dräuende Unheil an.

Es wird schließlich geboren. Hannas Kind ist ein fleischiger, pulsierender Wabbel mit Atemlöchern, nicht unähnlich einem inneren Organ, einer Leber zum Beispiel, aber in der üblichen Babygröße. Das wirft die Mutter aus der Bahn, sie verdrückt sich aus dem Krankenhaus, versteckt sich im Keller des Nachbarn, verläßt schließlich Mann und malerische, österreichische Berglandschaft mit einem Mietwagen gen Norden. Das Geld dazu hat sie bei einem Überfall auf einen Supermarkt erbeutet. Schließlich kommt sie an der Nordsee an. Dort, am Meer, hält sie Fuß und Haare hinein. Dann chartert sie eine Schiffspassage nach Irgendwohin und hält ihre Haare auf hoher See in den Wind.

Angedeutet wird eine mögliche Schuld der Umweltverschmutzung an der Deformierung des Kindes, doch diese kontrastiert mit der so heilen, unwirklichen Idylle der Umgebung, in der das Paar lebt. Der Ausstieg von Hanna wirkt völlig unmotiviert. Was hofft sie zu finden dort draußen, was sie vorher nicht hatte? Warum verläßt sie ihren Mann? Soll das Monster ein Symbol für die Schäden sein, die die patriarchale Gesellschaft angerichtet hat?

Hanna will zu den Walen, soviel dürfen wir uns denken, weil sie ihr Kind an einen Meeressäuger erinnert. So wird der Road-Movie auch keiner, weil er die Idee vom Reisen ohne Ziel, um bei sich selber anzukommen, auf den Kopf stellt. Hanna kommt einfach nur an und fährt weiter, mit dem Schiff quasi über die Wale drüber, es wirkt mehr wie eine Flucht, und es wird vor allem nicht klar, wo bei sich sie denn nun gelandet ist. Statt dessen passieren ihr komische Dinge: eine Armada funktelefonierender Autofahrer überholt sie auf der Autobahn, ein durchgeknallter Justitiar labert sie voll. Ihre Reise wird zur Nummernrevue absurder Ereignisse, die, in die karge Bildsprache des Restfilms gesetzt, krampfhaft ausgedacht erscheinen.

Der Film hat viele Ansätze — eindeutig zu viele. Er könnte ein Mutter- Drama werden, ein Road-Movie, eine Aussteiger-Geschichte, eine Anklage gegen Umweltverschmutzung, Wissenschaft und Gesundheitswesen. Aber Regisseur, Autor und Kameramann Christian Berger konnte sich nicht entscheiden. So wird das viele Konkurrierende zum Nichts, verläuft alles im Sand, ist »Hanna Monster, Liebling« nur eine wirre Aneinanderreihung von lustig gemeinten Anekdoten und poetisch versuchten Momenten, die von zugegebenermaßen recht hübschen Bildern zusammengehalten werden. Diese und die Darstellung von Marika Green (spielte 1973 im ersten »Emmanuelle«) als Hanna machen den Film dann doch noch erträglich. Thomas Winkler

»Hanna Monster, Liebling«, Österreich 1988/89, Regie, Kamera, Buch: Christian Berger, mit Marika Green, Hagnot Elischka, Peter Turrini u.a.

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