Von Pappenheimern

■ Thüringens neue Minister, wie gehabt: dröge, betulich

Von Pappenheimern Thüringens neue Minister, wie gehabt: dröge, betulich

Das Ottosyndrom ist es wohl gewesen, das dem Thüringer Regierungschef die Hand geführt hat bei der Auswahl seiner drei neuen Minister.

Das permanente Andenken an jenen pfälzischen Mörder der eigenen Majestät, Otto Wilhelm, und die Rücksichtnahme auf die von Grabenkämpfen paralysierte Fraktion begleiten Bernhard Vogel, wie es scheint, noch immer auf all seinen Wegen. Denn nur so ist diese eigenartige und mit Sicherheit kurzlebige Ministerkür zu begreifen. Aus welchem Stoff die drei Männer auch sein mögen, das Format zum Königsmörder hat keiner von ihnen, was nicht unbedingt ein Vorzug sein muß. Für Vogel freilich ist es einer. „Brav“, hört man ihn richtig sagen, „ist der Schuster. Der würde mich niemals otto'n. Niemals nach der Hand schnappen, die ihn nährte.“

Und von allen dreien ist es wohl auch jener brave Import aus Baden-Württemberg, Franz Schuster, der imstande ist, sein neues Haus in Ordnung zu bringen. Denn fürchterlich schaut's aus im Inneren. Vor sich hin dümpelnde Verwaltungs- und Gebietsreformen, eine völlig überforderte, unterbesetzte Polizei, aufgeblähte öffentliche Dienste. In der Staatskanzlei hat er sich, laut Vogel, Meriten eingeholt und wird nun mit dem gewaltigen Paket „Thüringer Innenministerium“ belohnt.

Eigenartig, daß es dem Regierungschef so gar nicht in den Sinn kam, mit der Berufung eines starken Innenministers ein politisches Signal zu setzen in Richtung Rechtsradikalismus. Nicht eine Ahnung oder gar ein Wort, eine Andeutung, daß der gelernte Verwaltungsfachmann Schuster vielleicht die Antwort sein soll auf den größten, deutschen Naziaufmarsch nach dem Krieg im thüringischen Rudolstadt, auf die Schweineköpfe, die über Thüringer Synagogenzäune fliegen, auf den Mord an einem jungen Polen, den offenen Rassismus in der Jenenser Diskothek, die per Annonce alle Othellos auffordert, wegzubleiben.

Der neue Sozialminister: Der Franz Michael Pietsch, dem nun zwar nicht mehr sein Ziehvater und Vorgänger Axthelm im Nacken sitzt, aber ganz bestimmt die Axt seiner eigenen Vergangenheit. Kaum berufen, schon verrufen. CDU-Mitglied seit 1975, Reserveoffizier der NVA, emsiger FDGB- Funktionär, Kreisvorsitzender der CDU Weimar und hochdotierter Arzt des eigenhändig privatisierten Internistischen Klinikums Bad Berka.

Der Dritte im Bunde, Kanzleiminister Andreas Trautvetter. Aus Pappenheim stammt der Mann. Vielleicht kannte ja wenigstens Vogel diesen Pappenheimer. Doch außer ihm wohl keiner. Die Kriterien für seine Kür: Er ist Bernhard Vogel mehrfach aufgefallen und kommt mit allen aus.

Ministerkarussell in Thüringen.

Was sollte das ganze Theater, werden sich die Leute fragen? Dröge, betuliche Minister, von denen nicht einer das hat, was dem Land so dringend nottäte, Ausstrahlung oder gar Charisma. Wieder einmal die simpelste, die bravste Lösung. Sie wird Bernhard Vogel nur scheinbar helfen. Den Menschen des Landes ohnehin nicht. Henning Pawel