CDU ohne Finanzkonzept für die Einheit

Auch eine Klausurtagung der Partei findet keine Lösung der Finanzkrise/ Unverbindlicher Solidarpakt  ■ Aus Bonn Hans-Martin Tillack

In den Streit um eine mögliche Zwangsanleihe für Besserverdienende hat sich der CDU-Bundesvorstand gestern mit einem klaren „Jein“ eingeschaltet. Auf einer Klausurtagung in Windhagen konnten sich die 35 anwesenden Vorständler lediglich auf eine unverbindliche Formel einigen.

Danach „können“ Modelle „eines Investivlohns und einer Investitionsanleihe“ zur „Stärkung der Investitionskraft und zu einer gerechteren Lasten- und Vermögensverteilung beitragen“. Daß die Investitionsanleihe zu Lasten der Besserverdienenden gehen würde, deutete CDU-Generalsekretär Peter Hintze lediglich mit den Worten an, dieses Instrument solle eine „symmetriestiftende“ Wirkung haben. Ob die Anleihe zwangsweise erhoben werden soll und welchen Finanzierungszwecken sie dienen soll, verriet der Generalsekretär nicht. „Einzelheiten“, so Hintze, „sind nicht festgelegt worden.“

Der Generalsekretär wollte die Anleihe als einen Teil eines „Solidarpaktes für Deutschland“ verstanden wissen, über den sich nach Auffassung der CDU nun Gewerkschaften, Arbeitgeber und öffentliche Hände verständigen sollen. Zu den „Vorschlägen“, mit denen die CDU in diese Gespräche gehen wolle, gehören neben Investitionsanleihe und Investivlohn auch ein „strikter Sparkurs“ von Bund, Ländern und Gemeinden „vor allem in den westdeutschen Bundesländern“, eine „langsamere Anpassung des Lohnniveaus in Ostdeutschland“, „geringere Lohnsteigerungen in Westdeutschland“, sowie „flexiblere Arbeitszeiten“.

Die Welle von Gewalttaten gegen Ausländer will die CDU nach ihren gestrigen Beschlüssen vor allem mit polizeilichen und strafrechtlichen Mitteln bekämpfen. Das Versammlungsrecht und der Straftatbestand des Landfriedensbruchs seien „zu überprüfen und erforderlichenfalls zu verschärfen“, sagte Hintze. „Überprüfen“ will die CDU gleichzeitig die finanzielle Unterstützung von Asylbewerbern nach dem Sozialhilfegesetz.

Der Streit um die Investitionsanleihe ging unterdessen weiter. Ob sie ein wirksames Mittel wäre, sei auch in der CDU umstritten, räumte Hintze ein. Zu den sieben Vorstandsmitgliedern, die gestern mit „Nein“ stimmten, gehörte auch der sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf. Verkehrsminister Günther Krause, der die Idee zusammen mit CDU-Fraktionschef Wolfgang Schäuble aufgebracht hatte, verteidigte gestern seinen Vorschlag. „Die Investitionsanleihe wird kommen“, sagte er der Bild-Zeitung. Nachdem die privaten Investitionen im Osten „weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben“ seien, müsse alles getan werden, „damit es nicht zu einem Aufstand in Ostdeutschland kommt.“

Auf klarem Gegenkurs blieb gestern die FDP. Die zahlreichen und unterschiedlichen Vorschläge zur Finanzierung des Aufbaus im Osten seien für die Wirtschaft und die Kapitalmärkte „schädlich“, sagte FDP- Chef Otto Graf Lambsdorff im ZDF- Morgenmagazin. Er forderte an Stelle neuer Abgaben und Steuern drastischere Einsparungen. Die Sozialdemokraten warfen der CDU vor, den Begriff des Sozialpakts „von der SPD abgelauscht“ zu haben. Dem, was die CDU beschlossen habe, fehle gleichwohl „Saft und Kraft“, kritisierte SPD-Bundesgeschäftsführer Karlheinz Blessing. Während er die Forderung nach einer Zwangsanleihe nicht bewertete, lehnte die SPD-Vizevorsitzende Herta Däubler-Gmelin diese Idee klar ab. Es sei falsch, bei den Besserverdienenden Geld auszuleihen, es bei den Empfängern kleinerer Einkommen aber abzuschöpfen.

Unterdessen entdeckten sogar die Arbeitgeberverbände ihr soziales Gewissen. Die Finanzierung der deutschen Einheit sei „sozial unausgewogen“, meinte Arbeitgeberpräsident Klaus Murmann in der Süddeutschen Zeitung. Eine Ergänzungsabgabe sei ebenso erwägenswert wie eine Art Lastenausgleich.