Schwarze Weise

■ Ein Buch über afrikanische Philosophen

Afrika wurde mit europäischer Technik und Wissenschaft erobert; der Kolonialismus hinterließ den Afrikanern dann Schulen und Universitäten, auf denen sie den Europäern nacheifern sollten. Doch Bildung ist in Afrika noch heute ein zu rares Privileg, um nicht auch politische Bedeutung zu haben. So sind die Universitäten nicht selten Stätten des Zweifels am europäischen Ideal. Ob es ein afrikanisches Denken, eine afrikanische Weltanschauung, eine afrikanische Philosophie gibt, fragen sich viele Intellektuelle des Kontinents. Wer eine der westafrikanischen Sklaveninseln besucht hat, von denen aus Millionen von Menschen nach Amerika verschleppt wurden, während in Europa angeblich „Humanismus“ und „Aufklärung“ herrschten, versteht die Spannung in diesen Fragen, versteht Wut und Trauer in der afrikanischen Auseinandersetzung mit der europäischen Geistesgeschichte. Johannes Heisings Buch stellt 30 Denker vor, die kennen sollte, wer Europa nicht für den Nabel der Welt ansieht. Nüchterne, informative Porträts von Philosophen, die fast immer auch politische Köpfe sind, Intellektuelle jedenfalls. Die „Leute vom Stamm der Bücherleser“ können in diesem schmalen Band erkennen lernen, was es heißt, das Trauma einer Zwangszivilisation zu überwinden und dem „Ihr da“ ein „Wir hier“ entgegenzusetzen. Heising hat lange Jahre auf dem afrikanischen Kontinent verbracht und stellt die Philosophen mit kurzen, bio-bibliographischen Skizzen vor. An dem Untertitel „Wege zu einer unbekannten geisteswissenschaftlichen Tradition“ erkennt man die Bescheidenheit des Autors, der nur „die Stimme Afrikas verstärken will“. Mag ihr Gehör geschenkt werden. Ulrich Johannes Schneider

Johannes Heising: „Entwicklung und moderne Philosophie in Afrika“. Verlag für Interkulturelle Kommunikation 1990, 200 Seiten, 48 DM. Verlagsanschrift: Postfach 90 09 65, 6000 Frankfurt/ Main 90