Deutsche Rechtsextreme auf Partnersuche

Das rechtsradikale Politimperium von Lyndon und Hilda LaRouche, bekannt hierzulande durch die „Europäische Arbeiterpartei“ und die „Patrioten für Deutschland“, will in Polen Fuß fassen/ Umtriebig vor allem unter radikalen Bauernbewegungen/ Avancen auch an Polens Christnationale  ■ Aus Warschau Klaus Bachmann

„Wenn man jemandem Böses will, kann man ihm nur raten, sich mit denen einzulassen“, meint ein deutscher Diplomat sarkastisch. Die Rede ist von den Boten eines „Schiller-Instituts“, zur Zeit in Polen auf Partnersuche. Das erste Mal tauchten sie in Danzig auf, um bei Lech Walesas früherem Beichtvater, Pfarrer Jankowski, und einigen konservativen Abgeordneten Unterstützung für die Freilassung eines „politischen Gefangenen in den USA“ zu suchen. Der Gefangene heißt Lyndon LaRouche, ist Millionär und wurde schon vor Jahren in den USA wegen Betrugs und Steuerhinterziehung zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Und ganz nebenbei ist er auch noch Vorsitzender zahlreicher rechtsradikaler Stiftungen und Parteien, von denen die in Europa bekannteste die „Europäische Arbeiterpartei“ (EAP) ist.

Vorsitzende der EAP ist Lyndons Ehefrau Helga Zepp-LaRouche. Sie wurde in Deutschland bekannt, als sie Mitte der achtziger Jahre einen rechtsradikalen Ableger der EAP, die „Patrioten für Deutschland“, gründete, die nicht nur gegen den IWF, Atomkraftkritiker, Juden und Kommunisten, sondern auch die „Auschwitzlüge“ vom Leder zogen. LaRouche wurde von Zeitungen mit den Worten zitiert: „Es ist nicht notwendig, braune Hemden zu tragen, um ein Faschist zu sein. Es ist nicht notwendig, ein Hakenkreuz zu tragen, um ein Faschist zu sein. Es ist nicht notwendig, sich selbst Faschist zu nennen, um ein Faschist zu sein. Es ist einfach nur notwendig, einer zu sein.“

„Schiller-Institut“

Während in Westeuropa LaRouches Stiftungen, Parteien und Tarnorganisationen weitgehend bekannt und berüchtigt sind, wissen osteuropäische Politiker nicht immer, mit wem sie es zu tun haben. Konsequenterweise treten die Emissionäre des Ehepaares LaRouche in Polen bisher nur im Namen ihres „Schiller-Instituts“ auf — was nicht zufällig zu häufigen Verwechslungen mit der renommierten deutschen „Schillergesellschaft“ führt.

EAP-Gesandte haben sich auch an den tschechoslowakischen Staatschef Vaclav Havel um Unterstützung gewandt. In Polen sind Vertreter des ominösen Schiller-Instituts bei Abgeordneten der „Christnationalen Vereinigung“ aufgetaucht, die zur Zeit Regierungspartei ist. „Die klappern das ganze Parlament ab“, meint einer der Abgeordneten. Die Christnationalen waren vorsichtig. Auch sie wissen mittlerweile, daß das Institut schlicht eine weitere Tarnorganisation von Lyndon LaRouches Geheimdienst- und Politimperium ist. Dazu gehören über ein Dutzend ähnlicher Deckadressen, Zeitungen und Zeitschriften und eine Art privater Geheimdienst.

LaRouche selbst hat früher auch mit dem CIA zusammengearbeitet. Auch sonst ist sein Imperium immer gut für Überraschungen: 1986 wurde in Stockholm gegen ein EAP-Parteimitglied wegen Beteiligung an der Ermordung des schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme ermittelt, den die EAP zuvor als „durchgedrehten Mörder“ bezeichnet hatte.

In Westeuropa verfügen LaRouches extreme Antikommunisten, die selbst den Papst der Zusammenarbeit mit dem KGB beschuldigen, über hervorragende Kontakte in Wirtschaft, Militär und Forschung. Als die deutschen „Patrioten“ 1987 zum Wahlkampf antraten, fanden sich in ihren Reihen selbst Bundeswehrgeneräle, Nato-Geheimnisträger und Atomwissenschaftler. Osteuropa hingegen ist für sie noch weitgehend Neuland. Bis zur politischen Wende von 1989/90 waren sie hier nicht aktiv gewesen.

Bauernbataillone

Nun versuchen Vertreter des EAP- Umfeldes in Polen, über rechtsextreme Bewegungen ins Establishment vorzustoßen. Jüngster Versuch: Avancen an den radikalen „Bauernselbstschutz“, eine Art Bauerngewerkschaft, die in Polen für Aufruhr sorgte, als sie tagelang bei Warschau die Fernstraße Berlin-Posen blockierte, um billige Kredite für die Landwirtschaft zu erzwingen. Die Bauernaktivisten stellten bereits eigene „Bataillone“ auf, die mit Schrotflinten und Mistgabeln Gerichtsvollzieher von überschuldeten Höfen jagen. Inzwischen ermittelt der polnische Staatsschutz gegen die Bauern, die Presse spekuliert bereits über ein mögliches Verbot der Organisation, die zuletzt mit Gewalt ein Parteilokal der „Konföderation Unabhängiges Polen“ in der Warschauer Innenstadt besetzte, bis deren Anhänger das Lokal mit Knüppeln räumten.

Andrzej Lepper, Chef der „Bauernselbstverteidigung“, bestätigte im Gespräch mit der taz, daß Vertreter des Schiller-Instituts ihm finanzielle Unterstützung angeboten hätten. „Geld haben wir von denen nicht genommen“, betont Lepper, der andernorts dagegen wettert, Polens Regierende ließen sich von ausländischen Konzernen kaufen. Schon vor einiger Zeit rühmte sich Lepper aber öffentlich, er genieße die Unterstützung „des renommierten deutschen Schiller-Instituts“ und wolle „zusammen mit Deutschen die polnisch- deutschen Grenzübergänge blockieren“. Das wiederum deckt sich mit internen Publikationen des Schiller- Instituts, in dem der Aufbau einer „europäischen Bauernfront gegen Maastricht“ propagiert wird.

Anfang des Monats flogen Vertreter der „Bauernselbstverteidigung“ zu einer von LaRouche-Jüngern organisierten „Konferenz gegen Sklaverei“ nach Washington. Hauptthema dort: die Untaten des Internationalen Währungsfonds, den auch Lepper heftig bekämpft.

Doch auch in respektableren Kreisen als Polens wilden Bauern hat die rechtsextreme deutsche Szene schon Fuß gefaßt: In der Danziger Werft veranstaltete LaRouches Ehefrau Helga schon im Herbst letzten Jahres ein Seminar über eine „Wirtschaftsordnung für Europa“. Anwesend waren, so ein Teilnehmer, neben dem der Gewerkschaft Solidarność entstammenden Werftdirektoren Hans Szyc auch zahlreiche Vertreter Danziger Großbetriebe und der Danziger Universität. Nach den Vorträgen im großen Saal der Werft luchsten Zepp-LaRouche und ihr Begleiter dann Pfarrer Jankowski seine Unterschrift für den inhaftierten Gatten in den USA ab. Auch später, so ein Mitarbeiter des Pfarrers, seien noch Abgesandte des „Schiller-Instituts“ in Danzig aufgetaucht.

Inzwischen beschäftigt sich auch Polens Staatsschutz mit den schillernden Gästen aus Deutschland. Kaum hatten die angefangen, in Polen Unterschriften zu sammeln, versandten die Staatsschützer interne Warnungen an führende Politiker und Regierungsbeamte. Deshalb, so ein Staatsschützer, bliebe den Schiller-Fans heute nur noch das außerparlamentarische Spektrum.