Korruption und Haarspray

■ Die Metal-Clowns »Gwar« kommen heute in Huxley's Neue Welt

Die einen halten sie für einen guten Witz, für die anderen sind sie ein überflüssiges Ärgernis, aber kaum jemand nimmt sie wirklich ernst: Gwar. Sie sind das Lieblingsexempel bei einem schon seit Jahren tobenden Streit im Metal- Lager. Seit der Metal durch den Crossover mit dem Hardcore und Bands wie Metallica, Faith No More oder Prong eine gewisse Intellektualisierung erfahren hat, knabbert der durchschnittliche Metal-Fan und mit ihm die einschlägigen Magazine schwer an der neugewonnenen Verantwortung.

Ist Metal nun Kunst oder nur ein wilder Spaß? Die, die meinen, daß eine Botschaft hin und wieder keiner Musik abträglich sein muß, diskutieren mit Vehemenz, ob dieser oder jener Act nun frauenfeindlich, politisch korrekt oder künstlerisch innovativ ist. Diesen Menschen sind Gwar ein Dorn im Auge, repräsentieren sie doch all das, was den Metal für Otto Normalverbraucher so abstoßend macht. Gerade in einer Zeit, in der Metal die Charts stürmt und der Shampooverbrauch bei Musikern überproportional zur Haarlänge zugenommen hatte, tauchen diese verkleideten Blödköppe auf und spielen auf der Bühne eine krude Show aus Sex, Blut, Science-fiction, Horror und Mittelalter-Schocker. Alles ohne Zweifel nur ein dummer Scherz, aber in ernsthaften Kultursendungen, die sich mit dem Phänomen Metal beschäftigen, werden gerne Bilder von Gwar gezeigt, um zu bestätigen, wie saumäßig blöde Metal-Musik doch sei und daß sie nicht nur gewaltverherrlichend sei, sondern sogar zur Ausübung derselben aufrufen würde. Dies ist zwar durchaus im Sinne der Verkaufszahlen von Gwar-Platten, aber dem sorgfältig gesäuberten Image des Metal in der Öffentlichkeit eher abträglich.

Die selbsterfundene, möglicherweise auch von Douglas Adams abgekupferte Geschichte von Gwar geht so: »Vor mindestens einhundert Millionen Jahren ging der Meister aller Realität aufs Klo, um zu scheißen, und so wurde das Universum geboren. Aber das war nicht genug. Er mußte saubermachen, und die beste Art, sauberzumachen, ist der Krieg. So schuf der die Scumdogs of the Universe...« Das waren dann Gwar, die fortan brandschatzend durchs All zogen. Irgendwann landeten sie auf unserem Planeten, rotteten kurzerhand die Dinosaurier aus und schufen die menschliche Rasse, indem sie es mit den Affen trieben. Sie bauten Stonehenge als Cricket-Feld und versenkten Atlantis. Während sie in der Antarktis einen tiefgefrorenen Schlaf hielten, manipulierten sie per Telepathie die Menschen, Korruption und Haarspray zu erfinden. Und so weiter.

Die Musik ist da natürlich reichlich nebensächlich, und so hört sie sich auch an. Gwar spielen einen völlig langweiligen 08/15-Trashmetal, zu dem Sänger Oderus Urungus ganz so krächzt, wie man es von Außerirdischen erwartet. Das einzig Wichtige ist die Show. In Huxley's Neuer Welt wird sogar auf zwei übereinandergebauten Bühnen Blut verspritzt werden. Hier gelangt ein ziemlich stupides Weltraummärchen zur Aufführung, das einen gewissen Unterhaltungswert hat, wenn man keine allzugroßen Ansprüche an die eigene Psyche stellt, das aber ganz sicher nicht die ganze Aufregung wert ist, die darum gemacht wird. Thomas Winkler

Heute um 20 Uhr in Huxley's Neuer Welt, Hasenheide 108-114, Kreuzberg