Der Präzision verpflichtet

■ Kurt Masur und das Gewandhausorchester Leipzig in Hamburg

und das Gewandhausorchester Leipzig in Hamburg

Wenn Kurt Masur das Podium betritt, muß man eine Nadel fallen hören, muß klar sein: nur unter seinen Händen konzentriert sich das älteste Konzertorchester Deutschlands, das Gewandhausorchester Leipzig aufs äußerste und leistet Präzisionsarbeit. Und diese Arbeit ist Kontinuität und seiner eigenen Geschichte verpflichtet.

Die Musiker eröffnen den Abend mit der Konzertouvertüre h-Moll, Die Hebriden von Felix Mendelssohn Bartholdy, dem einstigen Dirigenten des Orchesters. Als ob es lang her ist und die Musik von fern kommt, dirigiert heute Masur die musikalische Begebenheit von der Landschaft einer schottischen Inselgruppe. Durch eher zurückhaltende Interpretation macht das Orchester Die Hebriden trotz aller Programmatik wieder bilderlos und musikalisch autonom. Genauso eigen musiziert, klingt auch Beethovens 1. Sinfonie in C-Dur wieder wie ein Erstlingswerk. Nicht hochdramatisch, aber kontrollierte Dynamik setzend, erzeugt Masur mit dem Orchester einen fast barocken Beethovenklang. Klar und durchsichtig, jeden Satz zu einem eigenen Konzert gestaltend, entsteht ein sensibles Klanggefüge, das aber den sinfonischen Zusammenhang zu verlieren droht. Im letzten Satz, dem Adagio-Allegro molto vivace, treibt Masur den isolierten Klang und das sehr schnell musizierte Allegro auf die Spitze musikalischer Präsenz. Die Pefektion bleibt jedoch ohne Feuer.

Und nicht immer können die Musiker mit Masurs diffiziler Gestik, seiner Forderung, jedes Detail plastisch zu machen, mithalten. Das zeigt sich vor allem in der ersten Sinfonie Gustav Mahlers, Der Titan. Die Hörner haben es schwer, dem engagierten Dirigenten einen vollendeten Ton zu bieten und können sich nicht frei spielen. Alle Zitate aus böhmischer Folklore und das Volkslied „Bruder Jakob“ in Anführungszeichen setzend, formt das Orchester jedoch ein typisch erstes Collagewerk Mahlers. Tosende Begeisterung für einen gelungenen sinfonisch-programmatischen Abend. Katrin Meyer