"...bin ich mich umgebracht"

■ Der Roman Burt, geschrieben von Kinderpsychiater Howard Buten, im Kellner Verlag

, geschrieben von Kinderpsychiater Howard Buten, im Kellner Verlag

Bevor die 44. Frankfurter Buchmesse uns schon in wenigen Wochen mit vielen schönen neuen Titeln überschüttet, soll an dieser Stelle noch ein Buch aus dem Frühjahrsprogramm des Hamburger Kellner Verlags die angemessene Würdigung erfahren: Die deutsche Übersetzung von Howard Butens Roman Burt oder als ich fünf war bin ich mich umgebracht, der bereits 1981 in den USA erschien.

In der Zwischenzeit ist auch in bundesdeutschen Medien vielfach über die unkonventionellen Methoden des in Paris lebenden amerikanischen Psychiaters Howard Buten berichtet worden: Er arbeitet seit Jahren mit autistischen Kindern, indem er sich ihre Verhaltensweisen vollständig aneignete, sie quasi „kopierte“, und sich ihnen auf diese Weise buchstäblich annäherte. Damit erntete Buten von Kollegen so viel Lob wie Häme.

Am Rande findet dieser wissenschaftliche „Positionsstreit“ auch Eingang in den Roman. Allerdings ist die Hauptfigur, der Junge Burton Rembrandt, nicht im Heim für verhaltensgestörte Kinder, weil er autistisch ist, sondern wegen dem, was er „mit Jessica gemacht hat“.

Verständnis einzuwerben ist selbstredend auch eine Intention

1des schreibenden Kinderpsychiaters, zumal dann, wenn die unschuldige Seele am Unverständnis der Erwachsenen zu zerbrechen droht. Denn Burt hat sich einfach verliebt, in Jessica, das Mädchen aus der Parallelklasse. Und auch wenn er das mütterliche Aufklärungsbuch „Vom Ei zum Küken“ echt „kotzlangweilig“ findet, die vorpubertäre Verwirrung der Gefühle bricht sich Bahn. Als die beiden schließlich von Jessicas Mutter im „Liebesnest“ überrascht werden, bricht für Burts Eltern die

1heile Welt zusammen, Burt wird ins Heim gebracht.

Im „Haus Sonnenschein“ trifft Burt zunächst auf Dr. Nevele, der den Jungen für schwer gestört hält. Doch eines Tages hockt auch Rudyard im „Beruhigungszimmer“ und bringt Burt auf seltsame Ideen. Die Figur des jungen Psychiaters Rudyard, die deutliche biografische Züge des Autors trägt, gewinnt schließlich Burts Vertrauen.

Erzählerisch steht Burt stark in der Tradition von Salingers Fänger im Roggen, denn Howard Buten

1entwirft, dabei stets auf dem schmalen Grad zwischen Zärtlichkeit, Komik und Rührseligkeit bleibend, das Weltbild und die Bildwelt des Ich-Erzählers Burt. Butens flammendes Plädoyer für die „Ernsthaftigkeit“ des Kindes bleibt zwar bisweilen in einer groben Zuweisung von Gut und Böse verhaftet. Doch die Erlebnisse von Burt, der übrigens „coole Slipper mit null Naht“ bevorzugt, ist eine hinreißend erzählte Geschichte.

Mechthild Bausch

H.Buten: „Burt...“, Kellner Verlag