Im Zeichen der Gewalt

■ Fußball-„Freundschaftsspiel“ Dänemark-Deutschland 1:2/ EM-Revanche im Zeichen der Giftigkeit/ Ausgerechnet Stefan Effenberg, ekligster Treter auf dem Platz, schoß das Siegtor

Berlin (taz) — Daß die deutschen Fußballer schlechte Verlierer sind, ist bekannt. So war es keineswegs verwunderlich, mit welcher gebündelten Portion Haß sie zur Europameisterschaftsrevanche in Kopenhagen gegen die Dänen antraten, die es gewagt hatten, dem Weltmeister beim EM-Finale in Göteborg ein Schnippchen zu schlagen. Majestätsbeleidigung gehört bestraft, und da auch die Dänen, angefeuert von 40.500 Zuschauern im umgebauten Idrottspark, nicht gerade zu den Sanftmütigen im Fußballgewerbe zählen, trug sich auf dem Platz ein Hauen und Treten von biblischen Ausmaßen zu. Allein Schiedsrichter Martin J. Bodenham schien Gefallen daran zu finden, er ließ jede Menge Fouls unbeachtet und spornte die Akteure so zu weiteren Gewalttaten an.

Um so größer der Schock für die dänischen Zuschauer, als ausgerechnet der gemeinste Übeltäter auf dem Feld, Stefan Effenberg, kurz vor Ende des Matches den 2:1-Siegtreffer für die Deutschen erzielte. Andreas Thom hatte ihm den Ball per Freistoß vorgelegt, sein verzweifelter 30-m-Schuß prallte vom Pfosten ab, dann an den Rücken von Torhüter Peter Schmeichel und von da aus ins Tor. Zuvor war Effenberg vom Publikum bei jeder Ballberührung heftig ausgepfiffen worden, ein Gefühl, das er aus Deutschland bestens kennt und welches ihn nur zu weiteren Untaten inspirierte. „Ein ekelhaftes Repertoire häßlicher Tricks“ bescheinigte ihm scharfsichtig die dänische Zeitung Ekstra Bladet.

Bevorzugtes Opfer war sein Florentiner Clubkamerad Brian Laudrup, mit dem Effenberg gerade im Streit liegt, weil er das neue, 200.000 Mark teure Auto des Dänen ungefragt zu einer Spritztour nutzte. So etwas lieben Fußballspieler gar nicht, und ihre Meinungsverschiedenheiten tragen sie mit Vorliebe auf dem Platz aus. „Einmal wollte ich ihn mir so richtig packen“, erzählte Effenberg später, gerade noch rechtzeitig fiel ihm aber ein, daß möglicherweise der Trainer des AC Florenz etwas gegen diese Art von Konfliktbewältigung haben könnte. „Im letzten Moment habe ich zurückgezogen. Ich muß und will ja im Verein weiter mit ihm zusammenspielen.“ Ansonsten bereitete dem Ex-Bayern das Gemetzel von Kopenhagen aber viel Freude: „Mir gefällt so etwas, wenn es richtig zur Sache geht.“

Daß zwischendurch gelegentlich recht hübsch Fußball gespielt wurde, lag in der ersten Halbzeit fast ausschließlich an den Europameistern aus Dänemark. Sie gewannen die meisten der wenigen fair geführten Zweikämpfe, kombinierten so munter, wie sie es bei der EM getan hatten, und waren zudem torgefährlich. Torwart Andreas Köpke rettete zweimal bravourös gegen Laudrup und Povlsen, ein bildschöner Seitfallzieher Povlsens sauste knapp am linken, ein Kopfball von Larsen am rechten Pfosten vorbei, und kurz vor der Halbzeit erkannte das miserable Schiedsrichtergespann Brian Laudrup ein wunderschönes Tor ab. Nach einem Doppelpaß lupfte dieser den Ball gefühlvoll über Köpke hinweg ins Netz, doch der Linienrichter winkte aufgeregt und falsch Abseits. Reuter und Helmer standen bei der Ballabgabe noch gut einen Meter näher zum Tor als Laudrup.

Der Kopfballtreffer von Riedle in der 47. Minute nach glänzender Thom-Flanke änderte die Verhältnisse drastisch. Die Dänen waren geschockt, die Deutschen spielten nun besser. Vor allem Libero Guido Buchwald, Thom und Effenberg bekamen das Mittelfeld, wo sich das Fehlen von Thomas Häßler bis dahin bitterlich bemerkbar gemacht hatte, langsam in den Griff, Torchancen gab es allerdings kaum. Die hatten nach wie vor die Dänen. In der 58. Minute traf Christofte den Pfosten, in der 81. Minute war Köpke dann machtlos, als Elstrup nach geschicktem Rückpaß von Povlsen zum hochverdienten Ausgleich flach ins linke Eck schoß.

Alle Beteiligten schienen einigermaßen zufrieden, bis zu jener unseligen 88. Minute, in der ausgerechnet Effenberg das 2:1 gelang. Die Kopenhagener Zeitung Politiken wußte dennoch Trost: „Die Deutschen gingen als Sieger vom Platz und können nun zu Hause im Germanenland damit prahlen, daß sie die Dänen fast immer geschlagen haben. Nur das eine Mal nicht.“ Matti

Deutschland: Köpke - Buchwald - Wörns, Helmer - Klinsmann (88. Strunz), Reuter, Effenberg, Doll (73. Thon), Frontzeck - Riedle, Thom

Schiedsrichter: Martin J. Bodenham (England)

Zuschauer: 40.500; Tore: 0:1 Riedle (47.), 1:1 Elstrup (81.), 1:2 Effenberg (88.)

Dänemark: Schmeichel - Olsen - Piechnik, Christofte - Sivebaek, Vilfort, Jensen (78. Mölby), Laudrup, Henrik Larsen (88. Heintze) - Povlsen, Elstrup