Was lange gärt wird endlich gut

■ Fünf Räumungsprozesse gegen Hafenstraße vorerst ausgesetzt / Keine schlechten Karten

vorerst ausgesetzt / Keine schlechten Karten

Die unendliche Geschichte um die juristische Räumung der St. Pauli Hafenstraße ist gestern um eine weitere Episode ergänzt worden: Die Zivilkammer 11 des Landgerichts Hamburg kündigte an, fünf Räumungsprozesse gegen 17 Bewohner der Hafenstraße vorerst auszusetzen. Das Gericht wolle erst eine Grundsatzentscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) abwarten. Einen derartigen „Vorlagebeschluß“ hatte im vergangenen Monat die ebenfalls mit Hafenstraßen-Räumungsverfahren befaßte Kammer 34 angekündigt. Die Vorsitzende Richterin Inge Walter-Greßmann: „Wenn ein Rechtsentscheid eingeholt werden soll, werden wir uns diesem Vorgehen anschließen.“

In der Sache geht es um die Frage, ob eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Juli 1991 auch auf den Streit um die Hafenstraße Anwendung findet. Die Verfassungsrichter hatten damals im Verfahren um ein „Bauherrenmodell“ entschieden, daß bei der Kündigung eines „gewerblichen Zwischenmietvertrags“ — was der Pachtvertrag „Hafenstraße“ zweifelsohne war — der Untermieter den vollen Mieterschutz übertragen bekommt.

Da es in dieser Rechtsfrage um einen Grundsatzentscheid gehe, so Inge Walter-Greßmann, sei auf ein OLG-Votum nicht zu verzichten. Die Richterin: „Wir sind nach Paragraph 541 ZPO gezwungen, in solchen Fällen vorzulegen.“ Die gleiche Kammer war bereits einmal von dieser Vorgabe abgewichen. Greßmann: „Das Urteil ist uns danach sozusagen um die Ohren gehauen worden. Das Bundesverfassungsgericht hat anschließend ganz deutlich gesagt, daß wir nicht wieder so verfahren dürfen.“

Die Richterin äußerte die Vermutung, daß auch das OLG ihrer Auffassung folgen werde, „und die generelle Anwendung befürwortet wird“. Das Gros der Bewohner könnte dann nicht geräumt werden, weil sie trotz der fristlosen Kündigung ihres Pachtvertrags Kündigungsschutz besitzen. Mit einer Entscheidung des OLG wird nicht vor April nächsten Jahres gerechnet. kai von Appen