Burgen, Schlösser — Rostock

Die CDU sorgt sich ums Deutschlandbild im Ausland/ Tourismusmanager warnen, doch Regierungsexperten wissen: „Deutschland ist beliebt“  ■ Aus Bonn Hans-Martin Tillack

Bonn (taz) „Burgen, Schlösser, Fachwerk, romantische Gasthäuser, Flußtäler, Alpen, Museen, Musik, ICE, Großstadt.“ Dies, so Knut Blättermann von der Deutschen Zentrale für Tourismus, seien die Bestandteile des Deutschlandbildes, mit denen seine Institution im Ausland um Touristen werbe. Die Ostseestadt Rostock erwähnt Blättermann nicht. Doch kein Name fiel häufiger, als die CDU/CSU-Fraktion am Donnerstag in Bonn zu einer Anhörung lud. Noch vor Rostock hatte der Arbeitskreis Fremdenverkehr und Tourismus der Fraktion das Hearing vorbereitet. Es sollte Aufschluß bringen über Deutschlands Qualitäten als Urlaubsland und über die Möglichkeiten, das Image des Landes in der Welt zu verbessern. Doch nun hat das Thema „im wahrsten Sinne des Wortes brennende Aktualität“ — so das leicht mißratene Wortspiel des CDU-Abgeordneten Karl Lamers.

Und die Christdemokraten mußten sich harsche Kritik anhören. Ihm sei es unverständlich, meinte Quentin Peel von der Financial Times, daß deutsche Politiker nach Rostock zuerst von der „Einwandererflut“ gesprochen hätten. Für das Deutschlandbild im Ausland sei diese Asyldebatte „ganz gefährlich“. Daß die Deutschen „irgendwie brutal sind“, dieses „Klischee“ sei in Frankreich nie ganz verschwunden, erklärte Henri de Bresson, Deutschlandkorrespondent von Le Monde. Nun habe Rostock diese Haltung „verstärkt“. Die US-Amerikaner seien „noch“ geneigt, zu „verzeihen“, glaubte Karen Breslau von Newsweek. Trotz Rostock, trotz der „unverständlichen deutschen Haltung im Golfkrieg“, sei das Bild „immer noch positiv“.

Nach „Rostock“ war „noch“ das meistgebrauchte Wort der 14 Sachverständigen. „Der Kredit, den wir uns in 40 Jahren erworben haben, wird uns eine Weile tragen“, meinte Wolfgang Gibowski, Vizechef des Presseamtes der Bundesregierung. Deutschland gehöre „zu den beliebtesten Ländern in Europa“. Keineswegs sei dieses Bild jetzt „nachhaltig beschädigt“. — Runter mit der „rosaroten Brille“, widersprach Günther Ihlau, Manager bei TUI. Rostock habe „beinahe dramatisch etwas verändert“.

Der Vergleich mit ähnlichen Vorfällen in anderen Ländern helfe nicht, meinte Friedrich Ruth, ehemals Botschafter in Rom. Die Deutschen müßten schärferen Maßstäben standhalten, höheres Verantwortungsbewußtsein zeigen: „Die Vergangenheit verschwindet nicht.“ Pech für die Deutschen, daß sie gerade heute und in den modernsten Medien wiederkehrt — das berichtete zumindest Peel. Die Hersteller von Computerspielen und Fernsehserien suchten nach dem Ende des Kalten Krieges ein neues „Feindbild“ und fänden es in den Deutschen. Die Wiedervereinigung, die neue Größe in Europa, dies habe Deutschland bei den Nachbarn ein „Imageproblem“ verschafft.

Ruth sieht das differenzierter. Nie zuvor habe es eine solche Zuneigung zu Deutschland gegeben, wie „in dem Moment, als die Menschen über die Mauer gegangen sind“, ohne Hurrapatriotismus und mit einer Freude, die man den Deutschen nicht zugetraut hätte. Nach Rostock herrsche Enttäuschung: Es seien eben doch die alten Deutschen.

Mehr Werbung für Deutschland verlangten viele Redner — gerade jetzt. Die deutlichste Gegenrede kam von Horst Harnischfeger, Generalsekretär des Goethe-Instituts. Die Frage sei jetzt nicht, „wie sich das Deutschlandbild verbessern läßt“, sondern wie sich ausländerfeindliche Gewalttaten verhindern ließen.

Friedrich Ruth hält das Auftreten der Deutschen im Ausland für ausschlaggebend, doch TUI-Manager Ihlau beruhigte: Das Benehmen deutscher Touristen sei „im großen und ganzen einwandfrei“. Eine Korrektur kam von CSFR-Botschafter Jiri Grusa. Mit den „Ossis“ gebe es in seinem Land „einige Probleme“, weil sie „ihre plötzlich erworbene DM-Stärke nicht immer zu verkraften vermögen.“

Probleme mit den Ostdeutschen in Rostock, Ärger mit den Ostdeutschen im Ausland — aber sonst ist alles in Butter. Dieses unausgesprochene Fazit hing erkennbar im Raum. Westlastig war die Anhörung ohnehin. Grusa, der einzige geladene Gast aus einem östlichen Nachbarstaat, war als Botschafter schon qua Amt zur Diplomatie verpflichtet. Zu Rostock sagte er nichts.