„Der Drogenstrich wird immer dort bleiben“

■ Auflösung des Drogenstriches Friesenstraße angekündigt / Steinhöfel: „Komplette Entzerrung unwahrscheinlich"

Am 25. September tagt die SPD- Fraktion in einer Sondersitzung zum Thema Drogenpolitik. Dabei soll auch über das Wie und Wohin zur Verlegung des Drogenstriches entschieden werden. Elke Steinhöfel, sozialpolitische Sprecherin der SPD, zeigt im taz-Gespräch Perspektiven und Grenzen der Drogenstrich-Verlegung auf.

Frau Steinhöfel, Innensenator Friedrich van Nispen will den Drogenstrich aus der Friesenstraße in die Häfen nach Woltmershausen oder Walle verlegen. Sie sind dagegen. Warum?

Elke Steinhöfel: Ich habe viel mit den Frauen, die sich derzeit primär um die Versorgung der drogenabhängigen Prostituierten kümmern, gesprochen. Die Mitarbeiterinnen der Bremer Hilfe und der Kommunalen Drogenpolitk sagen, daß die Frauen diesen Strich nicht annehmen werden. Man kann aus deren subjektiver Sicht keinen Reiz finden, der sie motiviert, dahin zu gehen.

Was sagen Sie denn den Anwohnern der Friesenstraße?

Den Anwohnern werde ich sagen, daß der Strich verlegt wird. Aber nicht im Hurra, sondern zügig — und an einen Ort, von dem ich annehmen kann, daß er angenommen wird. Das kann schnell pas

hierhin bitte die Straße mit Auto

Drogenstrich Am Weserwehr? Foto: Katja Heddinga

sieren, aber eben nicht am 1.11. oder am 15.11.

Wohin kommt der Drogenstrich, welche Kriterien muß ein Standort haben?

Für mich ist die Frage: Wie muß ein Strich sein, damit die Frauen dahin gehen. Für alle Bremer Pro

stituierten verlange ich ein niedrigschwelliges Methadonprogramm, nicht für die 40, die die Sozialsenatorin vorgeschlagen hat, sondern für alle 120 Frauen, die sich da prostituieren. Und dort will ich das für die Frauen bisher bestehende Angebot auch haben:

hygienische Hilfen, Waschgelegenheiten, die Möglichkeit, etwas zu essen. Und sie müssen, das darf man nicht verkennen, ein Stück näher an der Szene sein, in ihrem sozialen Umfeld, das auch ihre soziale Heimat ist. Der Strich muß ihnen ein Stück Nähe und ein Stück Abstand bieten. Das herauszufinden ist die Kunst.

Also nicht Dezentralisierung?

Man kann den Strich nicht dezentralisieren. Dezentralisieren hieße doch hier: Ein Teil des Strichs nach Süden, den anderen nach Norden, nach Westen und Osten...

... und bezogen auf die ganze Drogenszene?

Dezentralisierung, so wie sie verstanden wird, ist nach der Lesart des Senats bislang, zu verhindern, daß mehr Menschen in die Szene kippen. Also vor Ort in den Regionen Beratungsangebote zu haben, wo es Teilszenen und Betreuungsgruppen gibt, um ein Strömen in die Szene zu verhindern. Dezentralisierung heißt doch nicht, daß das Ostertor/ Steintor Borgfeld wird. Das, was sich da abspielt, ist ein subkulturelles Geschehen, da gibt es 80 Kneipen oder noch mehr, und es wird im Viertel immer eine größere Szene geben als in allen anderen Vierteln. Wer etwas anderes behauptet, der macht sich und anderen etwas vor.

Noch einmal zum Standort: Wenn nicht nach Woltmershausen und Walle, wohin denn dann?

Es wird vielleicht doch auf die Weserwiesen hinauslaufen. Die Grünen haben den Uni-Parkplatz vorgeschlagen, das Gelände kenne ich noch nicht...

... die Weser-Ems-Straße in Hemelingen ist noch im Rennen und die Straße Am Weserwehr...

... man muß das alles schnell überprüfen. Man kann zwar nicht jede Prostituierte fragen, aber man muß die Mitarbeiterinnen fragen: „Was glaubt Ihr, wo es gehen könnte? Die drogenabhänigen Frauen haben doch nichts zu verlieren. Glauben Sie denn im Ernst, daß die nicht mehr in die Friesenstraße gehen, wenn die eine Nacht im Knast waren? Man muß da auch realistisch herangehen. Wir werden in der Friesenstraße immer einen Drogenstrich behalten. Ich habe bis vor acht Wochen noch gedacht: Wenn die alle eine Wohnung und Methadon bekommen, dann könnte es gehen. Aber so wird es nicht sein: In der Friesenstraße wird immer ein Drogenstrich bleiben. Vielleicht bekommen wir die Autos heraus durch verkehrslenkende Maßnahmen, aber dann sind da noch die, die zu Fuß auf den Strich und mit den Frauen in die Büsche gehen. Solange wir das Heroin nicht auf Krankenschein- oder freigeben, solange wird dort der Strich sein. Fragen: mad