Grundstücks-Gutachten widerspricht Sony

■ Unabhängiger Gutachter-Ausschuß: Filmhaus Esplanade hat nichts mit Grundstückswertsteigerung zu tun/ Genauer Wert: 260.267.697 Mark

Berlin. Die wundersame Wertsteigerung des von der Firma Sony gekauften Grundstücks am Potsdamer Platz von 100 Millionen auf 260 Millionen Mark hat — entgegen Behauptungen von Sony — nichts mit dem Ausbau des Filmhauses Esplanade durch Sony zu tun. Das geht aus dem Gutachten des unabhängigen Ausschusses hervor, das der taz vorliegt. Sony-Berlin-Chef Rainer Wagner hatte behauptet, die Differenz erkläre sich dadurch, daß Sony das Filmhaus Esplanade für 160 Millionen Mark ausbauen und verbilligt an das Land Berlin vermieten werde.

Im Gutachten heißt es nun, Sony habe sich zwar verpflichtet, das Esplanade auszubauen und an das Land Berlin zur »anfänglichen Nettokaltmiete« von 25 Mark pro Quadratmeter zu vermieten. Jedoch habe diese Verpflichtung am Stichtag der Wertermittlung — dem 1. März 1991 — noch nicht bestanden. Und: Diese »Nebenleistungen« seien genausowenig Gegenstand der ersten Verkehrswertermittlung der Senatsbauverwaltung vom März 1991 gewesen, so das Gutachten. Beide Wertermittlungen waren demnach auf derselben Grundlage erfolgt. Trotzdem wurde nach der ersten Verkehrswertermittlung der Kaufpreis von 100 Millionen Mark bemessen, der Gutachterausschuß kam aber auf einen Grundstückswert von 260 Millionen Mark; präzise: 260.267.697 Mark, davon 257.878.697 Mark für den Grund und 2.389.000 Mark für die Esplanade-Ruine. Das Grundstück am Potsdamer Platz ist demnach 8.341 Mark pro Quadratmeter wert, Sony bezahlte nur 3.240 Mark pro Quadratmeter. Das Gutachten ist Grundlage für eine Nachzahlung, die die EG eventuell anordnen wird.

Der Grund für diese hohe Differenz ist, daß der unabhängige Gutachterausschuß den Wert des Grundstücks nach dem Vergleichswertverfahren ermittelt hat, also im Vergleich mit anderen Grundstücksverkäufen. Die Verkehrswertermittler beim Bausenator hatten hingegen die alten Bodenrichtwerte von 1990 hochgerechnet. Außerdem hat der Gutachterausschuß die — vergleichsweise hohe — Geschoßflächenzahl von 4,5 berücksichtigt, die Verkehrswertermittler jedoch nicht. Was die »Nebenleistungen« durch Sony, also den Ausbau und die Vermietung des Esplanade angehe, heißt es im Gutachten, daß man sich nicht in der Lage sehe, die ortsübliche Vergleichsmiete zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Esplanade — 1996 bis 1997 — zu prognostizieren, zumal auch keine Angaben zu den »mietwertrelevanten Merkmalen« des Esplanade gemacht worden seien. Der Wert der vereinbarten Mietsubvention werde daher nicht ermittelt.

Der Sprecher des Finanzsenators, Steffen Kammradt, sagte dazu, man habe nie widersprochen, daß das Grundstück allein 260 Millionen Mark wert sei. Sollte hingegen die ursprüngliche Verkehrswertermittlung zu niedrig sein, habe das die Senatsbauverwaltung zu verantworten. Von dort war keine Stellungnahme zu erhalten. Sony-Chef Wagner sagte zur taz, man sei es leid, ständig als »Gauner« dargestellt zu werden. Man habe damals bezahlt, was der Senat verlangt habe. Hätte der Senat mehr verlangt, hätte man mehr bezahlt. Eva Schweitzer