„Anlage wäre nie genehmigt worden!“

■ Ungenehmigte Beizanlage: Gewerbeaufsicht schlief / Bußgeld für Unternehmer

Zu 8.400 Mark Bußgeld verurteilte das Amtsgericht gestern den Geschäftsführer einer Maschinenbaufirma. Der Grund: fortgesetzter Verstoß gegen die Umweltschutzauflagen.

Harald F. hatte seit 1986 auf dem Betriebsgelände eine ungenehmigte Beizanlage betrieben. In vierprozentiger Flußsäure erhielten dort Edelstahlteile ihren letzten Schliff. „Mehr als eine halbe Million Umsatz jährlich machten wir mit dem V2A- Stahl“, sagte der Beschuldigte. Der Gewinn sei aber nicht nur durch die ungenehmigte Anlage ermöglicht worden.

Im Herbst '89 kam das Gewerbeaufsichtsamt zum ersten Mal. Harald F. mußte die Beizwanne sofort dicht machen — mit einem Deckel. „Danach habe ich nichts mehr getaucht“, beteuerte er gestern vor Gericht. Doch ein Jahr später beobachteten Nachbarn in den Beizhallen rege Tätigkeiten. Auf Nachfrage der Behörde erklärte der Werkstattleiter: „Demnächst beizen wir woanders.“ Diesen Satz bewertete der Richter gestern als Geständnis. „Die Anlage ist mit ihrem Wissen von 1986 bis 1991 ungenehmigt betrieben worden“, warf er dem Beschuldigten vor. Zudem könne Harald F. nach der Sperrung der Anlage für auswärtige Beizarbeiten nur eine Rechnung in Höhe von 80 Mark nachweisen — trotz des hohen Anteils am Gesamtumsatz. „Diese Anlage wäre niemals genehmigt worden!“, fügte der Richter hinzu. Knapp eine halbe Million hätte die Firma investieren müssen, um eine Gesundheits- und Umweltgefährdung durch Dämpfe und Spritzer auszuschließen. Strafmildernd wirke aber, daß das Gewerbeaufsichtsamt keinen Verdacht geschöpft hatte. An die Adresse der Amtsvertreter richtete er den Vorwurf: „Sie hätten früher vorbeigucken müssen“. Den Vorwurf der Gewässerverschmutzung ließ das Gericht fallen: „Die Entsorgungsbehörde hätte merken müssen, daß die Abwässer in den Regenwasserkanal gehen.“ mawi