Nach AKW-Panne in Schweden: Gibt's Parallelen?

■ Fünf Siedewasserreaktoren wurden in Schweden abgeschaltet, nachdem Isolationsmaterial Filter verstoft hatte und die Notkühlung in Gefahr war / Krümmel und Brunsbüttel werden nun...

wurden in Schweden abgeschaltet, nachdem Isolationsmaterial Filter verstopft hatte und die Notkühlung in Gefahr war / Krümmel und Brunsbüttel werden nun untersucht / Auch Werkstoff WB 35 problematisch

Für die beiden Siedewasserreaktoren in Brunsbüttel und Krümmel besteht nicht die Gefahr, daß die Notkühlsysteme durch abgelöstes Isolationsmaterial verstopfen und versagen können. Das jedenfalls meint die schleswig-holsteinische Aufsichtsbehörde, das Energieministerium in Kiel. Vorgestern hatte die schwedische Atomaufsichtsbehörde, die Statens Kärnkraft Inspection (SKI), insgesamt fünf AKWs vom Typ Siedewasserreaktor abgeschaltet, nachdem sich in einem eine Panne ereignet hatte.

Beim Anfahren des AKWs Barsebäck 2 hatte sich ein Sicherheitsventil geöffnet, und durch den entstehenden Druck wurde Isolationsmaterial, vermutlich Mineralwolle, in den Reaktor gerissen. Dort verstopfte die Wolle vorgeschaltete Filteranlagen. Der Versuch, durch Druckumkehr die Filter wieder freizubekommen, scheiterte. Dadurch bestand die Gefahr, daß die Wasserzufuhr für die Notkühlung versagen könnte.

Der Reaktor, den die ABB Atom 1977 fertiggestellt hatte, wurde sofort abgeschaltet. Vier weitere baugleiche Atommeiler werden nun auf Weisung des SKI untersucht. Nach Angaben des Sprechers des schleswig-holsteinischen Energieministeriums, Ralf Stegner, ist ein solcher Vorgang in Krümmel oder Brunsbüttel unwahrscheinlich. Nach seinen Angaben wird in den beiden Reaktoren an der Elbe ein anderes Verfahren zum Einspeisen des Notkühlwassers praktiziert.

Das Öko-Institut in Darmstadt überprüft derzeit, inwieweit es zwischen den von ABB Atom in Schweden gebauten AKWs und denen in der Bundesrepublik Parallelen gibt. Denn gerade die Siedewasserreaktoren, so teilte Peter Angelieff auf Anfrage mit, seien ohne entscheidende Veränderungen in den sechziger Jahren von den Westeuropäern aus den USA übernommen worden. Die in Schweden jetzt abgeschalteten AKWs wurden Anfang der siebziger Jahre gebaut und in Betrieb genommen — wie das AKW Brunsbüttel.

Nach den bisher vorliegenden Informationen zeigt sich möglicherweise eine Parallele. So wurden im schwedischen Reaktor Ringhals 1 auch Risse im Rohrleitungssystem gefunden, Anlaß für die Abschaltung des AKWs. Probleme mit Rißbildungen an Speisewasser- und Frischdampfleitungen sind auch seit langem im AKW Brunsbüttel bekannt. Ein Teil der Rohre aus dem Werkstoff WB 35 ist in Brunsbüttel daraufhin ausgetauscht worden. Doch noch immer sind Rohre aus diesem Material in Brunsbüttel im Einsatz. Dabei ist erst vor kurzem in einem finnischen AKW eine Rohrleitung aus WB 35 völlig abgerissen.

Ob in Schweden ebenfalls WB 35 verwandt wird, war beim Öko-Institut in Darmstadt nicht bekannt. Allerdings sind diese Werkstoffe international genormt, und allzu viele Alternativen gab es damals nicht. Das AKW in Brunsbüttel, das derzeit wegen Revisionsarbeiten abgeschaltet ist, und das in Krümmel sollen nun weiter untersucht werden, sagte gestern Johannes Altmeppen, Sprecher der Betreiberin HEW. Dirk Seifert