■ Schwedische Allergieexpertin fordert Rauchverbot für Eltern
: Rauchen = Kindesmißhandlung

Rauchen = Kindesmißhandlung

Stockholm (taz) — „Es gibt gute Gründe, Eltern von kleinen Kindern gesetzlich zu verbieten, zu Hause zu rauchen.“ Mit dieser Forderung erregte Elvor Svenonius, Ärztin am Krankenhaus in Malmö und Allergieexpertin, bei einer Konferenz zum Thema Tabakrauch und Allergien in Stockholm Aufsehen. Sie setzte Rauchen in Gegenwart kleiner Kinder und Kindesmißhandlung auf die gleiche Stufe, denn: „Ich sehe keinen großen Unterschied, ob ein Kind von seinen Eltern grün und blau geschlagen ins Krankenhaus eingeliefert wird, oder mit einem schweren Asthmaanfall, ausgelöst durch seine rauchenden Eltern.“

Nach Untersuchungen, die Elvor Svenonius zusammen mit anderen ÄrztInnen angestellt hat, laufen Kinder qualmender Eltern ein drei- bis vierfach höheres Risiko, an Asthma zu erkranken, als NichtraucherInnenkinder. Diese Untersuchungen haben auch gezeigt, daß alle Kinder rauchender Eltern hohe Mengen von Kotenin, einem Zersetzungsprodukt von Nikotin, im Körper aufgenommen hatten. Im Schnitt waren diese Werte zwölfmal höher als normal, wenn beide Eltern qualmten, etwa vier- bis achtmal höher, wenn nur ein Elternteil rauchte. Frau Svenonius hat zwar die Erfahrung gemacht, daß mit solchen Untersuchungsergebnissen konfrontierte Eltern ernsthaft versuchen, etwas gegen ihre Nikotinsucht zu tun, doch bei weitem nicht alle. „Auch wenn es gesetzestechnisch schwer sein sollte, muß der Straftatbestand der Kindesmißhandlung da eingreifen“, meint Svenonius, „der Beweis ist über eine Koteninprobe leicht zu führen.“ Der Veranstalter der Konferenz, der schwedische Reichsverband der Asthma- Allergiker, machte zwar die Forderung nach einem Eingreifen des Staates gegen uneinsichtige Eltern noch nicht zum Bestandteil seines offiziellen Programms, will aber ein ausnahmsloses Rauchverbot in allen der Öffentlichkeit zugänglichen Gebäuden. So sollen die bisherigen Raucherzimmer an den Schulen verschwinden und am Arbeitsplatz auch bei der Zustimmung aller Anwesenden nur noch in Räumen mit separaten Lüftungsanlagen geraucht werden dürfen. In Restaurants soll grundsätzlich Rauchverbot herrschen. Die Asthma-AllergikerInnen wollen die gleiche Freiheit wie alle anderen haben, dorthin zu gehen und sich dort aufzuhalten, wo sie wollen. Reinhard Wolff