Konferenz über Antisemitismus

Berlin (dpa) — Mit dem wiedererstarkenden Antisemitismus in Europa beschäftigt sich eine internationale Konferenz von 300 Wissenschaftlern, die gestern in Berlin begonnen hat.

Besonders ausgeprägt sei die Judenfeindlichkeit zur Zeit in Polen, Rußland und anderen osteuropäischen Staaten, berichtete Yehuda Bauer, Leiter des Jerusalemer Vidal Sassoon Zentrums für das Studium des Antisemitismus. In Osteuropa seien selbst Regierungsspitzen vom „Virus des Vorurteils“ infiziert.

Die Neonazis in Deutschland seien noch eine Randerscheinung. Nach den Worten Bauers besteht aber die Gefahr, daß sich rechtsgerichtetes intellektuelles Denken mit Antisemitismus als wesentlichem Bestandteil entwickeln könnte.

Der Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung Berlin, Wolfgang Benz, sagte, in Westdeutschland sei der Anteil der Bevölkerung mit deutlich antisemitischen Einstellungen von 47 Prozent im Jahre 1962 auf jetzt 16 Prozent stark zurückgegangen. In Ostdeutschland stellten Antisemiten vier Prozent der Bevölkerung. Betont wurde, daß das antijüdische Vorurteil kein nur deutsches Problem sei. Redner der Konferenz beschuldigten die christliche Religion und namentlich die Katholische Kirche Polens, traditionell antijüdisch zu sein.