Oberster Sowjet hält sich zurück

■ Vorerst keine Verurteilung der Wirtschaftspolitik von Jelzin und Gaidar/ Streit um Arbeitslosigkeit

Moskau (AP/taz) — Auf Intervention von Parlamentspräsident Ruslan Chasbulatow haben die überwiegend altkommunistischen und konservativen Fraktionen im Obersten Sowjet, dem Parlament Rußlands, eine Kraftprobe mit der russischen Regierung vertagt. Mit 130 gegen 34 Stimmen sprachen sich die Abgeordneten dafür aus, die Abstimmung über Resolutionen, in denen die Wirtschaftspolitik der Regierung mißbilligt wird, bis zu einer Stellungnahme von Präsident Jelzin zu vertagen.

In der vorangegangenen Debatte war immer wieder massiv die Forderung nach dem Rücktritt der Regierung von Jegor Gaidar erhoben worden. Tenor: Gaidar betreibe eine projapanische, proamerikanische und prodeutsche Politik und untertreibe die zu Jahresende zu erwartende Höhe der Arbeitslosigkeit. Während Gaidar von 1,5 Millionen Arbeitslosen sprach, gehen Vertreter des militärisch-industriellen Komplexes von vier Millionen aus.

Gaidar hatte aus seinem Auftritt keinen Gang nach Canossa gemacht. Fragen beantwortete er souverän. In seiner Funktion als Wirtschaftsarchitekt hat der kleine, quirlige Mann erheblich an Umfang zugelegt — ganz im Gegensatz zum Produktionsvolumen der russischen Industrie: Das sank im ersten Halbjahr um über 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Für 1992 prognostizierte Gaidar einen Produktionsrückgang um ein Fünftel. khd