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Klare Beweise für ethnische Säuberungen

■ Vance und Owen bestätigen serbische Vertreibungspolitik in Bosnien

Sarajevo/Zagreb (AP) — In der Republik Bosnien-Herzegowina, aus der auch am Sonntag wieder Kämpfe und Luftangriffe gemeldet wurden, gibt es nach Darstellung der Vermittler Cyrus Vance und David Owen klare Beweise für eine systematische Vertreibungspolitik unter dem Stichwort „ethnische Säuberung“. Die beiden sahen nach eigenen Angaben vom Wochenende bei einem Besuch vor Ort ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt. In Banja Luka, der Hauptstadt der von den Serben ausgerufenen Republik innerhalb Bosniens, seien ihnen eindeutige Beweise für die serbische Vertreibungspolitik zur ethnischen Säuberung ganzer Wohngegenden vorgelegt worden.

Ganz massiv sei diese Politik in den Städten Bosanski Petrovac und Kljuc, etwa 40 Kilometer westlich von Banja Luka, betrieben worden, sagte der EG- Unterhändler Owen. Auch die 70 Kilometer nordwestlich von Sarajevo gelegene Stadt Travnik sei von einer solchen Säuberungswelle überrollt worden. Augenzeugen, darunter die führenden Geistlichen der moslemischen, katholischen und orthodoxen Religionsgemeinschaft in Banja Luka, hätten übereinstimmend berichtet, wie einheimische Moslems ihr Hab und Gut hätten abgeben müssen, bevor sie aus ihren Häusern vertrieben worden seien. Viele seien umgebracht worden. Nördlich von Banja Luka seien 3.000 bis 4.000 Moslems auf der Flucht „systematisch beschossen“ worden. „Es steht außer Frage, daß wir so etwas nicht länger zulassen können“, sagte Owen. Der UNO-Unterhändler Vance pflichtete ihm bei. Die New York Times berichtete am Samstag unter Berufung auf hohe US-Regierungsbeamte, daß im Mai und Juni in serbischen Internierungslagern bei Brcko bis zu 3.000 Moslems ermordet worden seien.

Das besondere Interesse der Vermittler gilt unterdessen den Bemühungen, umfassende Hilfslieferungen für die rund 450.000 Menschen in der eingeschlossenen Hauptstadt Sarajevo wieder in Gang zu bringen. Vance, der wie Owen die sofortige Wiederaufnahme der Luftbrücke in die Stadt forderte, sagte am Samstag: „Es besteht ein dringender Bedarf. Der Winter kommt. Wir müssen jetzt damit anfangen.“ Die UNO-Friedenstruppe wollte noch gestern die Möglichkeit untersuchen, die Bahnstrecke zwischen Sarajevo und Mostar instand zu setzen.

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