Wasserstraßen-Umweg wird geprüft

■ Noch 1992 Entscheidung über alternativen Wasserweg zum Westhafen

Berlin. Die für den Ausbau der innerstädtischen Wasserwege verantwortliche Wasser- und Schiffahrtsdirektion Ost will jetzt intensiv alle Vor- und Nachteile einer alternativen Anbindung des Westhafens über die Oberhavel prüfen. Wie kürzlich berichtet, plädierten der Senat und verschiedene brandenburgische Ministerien gegenüber Bundesverkehrsminister Krause für den Ausbau des Havelkanals über das geplante Güterverkehrszentrum (GVZ) Wustermark hinaus bis zur Oberhavel bei Niederneuendorf. Damit würde der umstrittene Ausbau von Unterhavel und Unterspree entfallen. Der Westhafen könnte über die Oberhavel, Hohenzollernkanal und Berlin-Spandauer- Schiffahrtskanal an das westeuropäische Wassernetz angeschlossen werden.

Es sei davon auszugehen, daß Krause noch dieses Jahr über den vorgeschlagenen Kanalausbau entscheide, sagte der für das Wasserstraßenprojekt zuständige Baudirektor in der Schiffahrtsdirektion, Egon Rassmus. Problematisch sind nach seinen Worten in erster Linie die hohen Kosten eines erweiterten Havelkanalausbaus, die er nicht bezifferte. Sämtliche Brücken auf der Strecke hätten einen Pfeiler in der Mitte und seien deshalb umzubauen. Ferner müsse man den Hohenzollernkanal und den Berlin-Spandauer- Schiffahrtskanal auch erst verbreitern. Ein aufwendiger Neubau der Schleusen in Schönwalde sowie Plötzensee sei bei der Umwegroute ebenfalls unumgänglich. Freilich ist die von Krause bislang favorisierte »Nord-Trasse« zum Westhafen auch nicht gerade billig: der Minister veranschlagte für deren Ausbau 500 Millionen Mark.

Rassmus schloß nicht aus, daß die Nord-Route zum Westhafen nun in geringerem Maße als bei der zuerst angedachten Lösung ausgebaut wird. Die Frage, ob auch 185 Meter lange Schubverbände Havel und Spree passieren sollten, deute ein Umdenken an. Allerdings gehe es nicht nur um den Anschluß des Westhafens: Auf den Abschnitten in Spandau und Charlottenburg befänden sich sehr viele industrielle Güterumschlagstellen. Zum Beispiel werde das Kraftwerk Reuter vom Wasser her mit Kohle versorgt. Diese Umschlagstellen sind aber auch von der Oberhavel her weiter erreichbar, so Umweltstaatssekretär Wolfgang Branoner. Er ist zufrieden, »daß man überhaupt über den Alternativvorschlag spricht«.

Fest steht mittlerweile, daß der Teltowkanal nicht vollständig verbreitert wird. Auf dem rund fünf Kilometer langen Abschnitt zwischen der Stubenrauchbrücke in Tempelhof und dem Lichterfelder Krahmersteg verzichtet die Schiffahrtsdirektion wegen der immensen Probleme mit dem Umbau vorerst auf einen breiteren Kanalquerschnitt.

Einen Verzicht auf den Ausbau der Unterhavel-Verbindung zum Westhafen fordert auch die SPD. Insbesondere im Spandauer Raum »würde eine einzigartige Flußlandschaft gefährdet«, kritisierte der umweltpolitische Sprecher der Fraktion, Behrendt, die nach seiner Ansicht »überzogenen« Ausbaupläne Krauses. Die Pläne seien nicht nur unter ökologischen, sondern auch unter wirtschaftlichen Aspekten zweifelhaft, weil die Binnenschiffahrt nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) einen bis zu 70 Prozent höheren Energieverbrauch als die elektrifizierte Bahn habe. Thomas Knauf