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■ KOMMENTARRassisten sind wir alle

Kreuzberg mit seinem Völkergemisch mag einer multikulturellen Gesellschaft in Berlin am nächsten kommen. Auch die ideologische Selbstsicht der linken und autonomen Kreuzberger mag dieser Vorstellung entsprechen. Doch wo es konkret werden müßte, will das nicht viel bedeuten. Tatsächlich läßt man die ausländischen Menschen genauso linksliegen wie anderswo. Warum sonst war beispielsweise am Wochenende mit strahlendem Sonnenschein der Görlitzer Park zwar rappelvoll, doch die Trennung der Völker selbst auf dem Kinderspielplatz messerscharf? Warum sonst klagen Frauen, daß sie mit einem Afrikaner in ihrem Freundeskreis an den Rand rücken? Multikulturell ist eben immer noch eine Parole, die man leichthin und selbstgerecht dem unbelehrbaren Deutschland verordnen kann. Doch mehr als die Folklore, für den türkische Gemüseläden oder mexikanische Restaurants stehen, nehmen auch wir, die über Rostock betroffen sind, zumeist von ausländischen Nachbarn nicht wahr. Zum verschämten linken Rassismus gehört vielmehr, in Kinderläden und Schulen darauf zu achten, daß nicht zuviel ausländische Kinder in den Gruppen sind. In Hoyerswerda, in Rostock oder Eberswalde werden Menschen mit offenem Haß verfolgt — grenzen wir die Menschen dafür schweigend aus? Eine multikulturelle Gesellschaft aber fängt vor der eigenen Wohnungstür an. Und es gehört dazu, anzuerkennen, daß ein Zusammenleben ebenso spannungsvoll und problematisch sein kann wie mit dem deutschen Nachbarn. Wer aber so tut, als ob alle Ausländer gute Menschen sind, kommt einem spannungsfreien Zusammenleben nicht näher. Das Machotum von türkischen Männern zu problematisieren, gehört ebenso dazu wie die Feststellung, daß der Drogenhandel stark von ausländischen Deutschen betrieben wird. Wird darüber geschwiegen, weil wir Gefangene unser eigenen Großspurigkeit und naiven Konzeption sind? Wer schweigt, verbiegt sich — und wird nicht überzeugender. Gerd Nowakowski

Bericht Seite 20

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