Schau's dir doch an, Mann

■ Wie aus einem einzigen Graffiti im 300 I-Kino eine ganze Wandzeitung wurde

im 3001-Kino eine ganze Wandzeitung wurde

„Eigentlich“, erzählt Rainer Krisp vom 3001-Kino, „habe ich mir Gedanken gemacht, was wir aus dieser Wand machen sollen“. Die Rede ist von der Wand links neben dem Eingang des Programmkinos. Die war nämlich bis vor zwei Wochen noch schlohweiß. Doch eines Morgens staunten die Kinobetreiber nicht schlecht: „Wir fordern die Zensur aller rassistischer und sexistischer Filme“, ist jetzt mit blauer Farbe auf die Fläche gesprüht. „Unterschrieben“ ist das Graffiti von den „Radikalesbians“.

„Diese Amerikanisierung der 'jungen' autonomen Szene stört mich schon“, sinnierte nun seinerseits Rainer Krisp. „Wir hatten keine Ahnung, um was es konkret ging“. Um das herauszubekommen schrieb ein Mitarbeiter seine Fragen auf einen Zettel, den er neben das Graffiti hing. Die Antwort kam ein

1paar Tage später: „Schau dir doch einfach das Titelbild des Kinoprogramms für September an“, lautete sie.

Das kann nun wiederum Rainer

1Krisp nicht begreifen. Denn der Stein des Anstoßes war ein Filmfoto, das die Hauptfigur aus Quadrophenia auf einem Bett liegend zeigt. „Ein Typ, der sich an seinem Schwanz packt und dabei Nacktfotos von Frauen anschaut“, so die Antwort der „Radikalesbians“. „Davon kann nicht die Rede sein“, kontert Krisp, „jeder kann sich selber überzeugen“.

Mit den Frauen, die im Kino die Vorführungen nur für Frauen organisieren, habe er gesprochen und die seien auch der Meinung, daß das Ganze wohl etwas übertrieben sei. Einen positiven Aspekt sieht Krisp dennoch in dieser Geschichte: „Wir wollen diese neue Wandzeitungskultur beibehalten“. Inzwischen wird der Dialog auch mit der Beteiligung Dritter fortgeführt. Ein Unterzeichner schlägt sogar eine Diskussionsrunde zum Thema vor. Im Moment überlegt sich Rainer Krisp, bunte Stifte hinzustellen. „Die sind besser als diese FCKW-haltigen Sprühdosen.“ Nikos Theodorakopulos