■ Das Porträt
: Lord David Owen

In Großbritannien können gescheiterte politische Existenzen zumindest mit einem lukrativen Auslandsjob rechnen. Nachdem David Owen, der bei den Unterhauswahlen nicht mehr kandidiert hatte und als Lord ins Oberhaus abgeschoben worden war, den Job des Gouverneurs von Hongkong ablehnte, suchte man fieberhaft nach einer Aufgabe für ihn. Den Job als UN-Flüchtlingskommissar lehnte er ab — Generalsekretär oder gar nichts, ließ er durchblicken. So kam der neue Posten als EG-Beauftragter für die Genfer Jugoslawien-Konferenz wie gerufen. Am Mittwoch konnte Owen einen ersten Erfolg vermelden: Die drei Kriegsparteien in Bosnien-Herzegowina einigten sich auf die unverzügliche Aufnahme von Gesprächen über eine Entmilitarisierung der Hauptstadt Sarajevo. Sollte Owen erstmals an einer erfolgreichen Mission beteiligt sein?

Alles hatte so hoffnungsvoll angefangen: Von 1977 bis zu Thatchers Wahlsieg 1979 war Owen mit knapp 40 Jahren einer der jüngsten Außenminister der britischen Geschichte. Zwei Jahre später kehrten Owen und drei andere Abgeordnete der Labour Party den Rücken und gründeten die Sozialdemokratische Partei (SDP), die aber nach den Wahlen 1987 in der Versenkung verschwand. Die überwältigende Mehrheit der Parteimitglieder zog daraus die Konsequenz und stimmte für die Fusion mit den Liberalen Demokraten— Owen klammerte sich jedoch weiterhin an die SDP. Erst als die Partei bei einer Nachwahl 1990 auf den letzten Platz verwiesen wurde, warf man das Handtuch.

Seine bedingungslose Unterstützung für Thatchers Malvinen-Krieg und sein vehementes Eintreten für Atomwaffen haben Owen den Spitznamen „Doctor Death“ eingetragen. Freund und Feind erkennen Ehrgeiz und Intelligenz des „Todes- Doktors“ an, werfen ihm jedoch Aggressivität und Unfreundlichkeit vor. Der Labour-Abgeordnete Denis Healey faßte Owens Qualitäten folgendermaßen zusammen: „Die gute Fee gab dem jungen Doktor fast alles: dichte schwarze Locken, das Aussehen eines Matinee- Stars, hohe Intelligenz — unglücklicherweise hat die böse Fee ihn darüber hinaus zu einem Arschloch gemacht.“ Ralf Sotscheck