Verkehrte Welt

■ Asylbewerber in Sachsen verprügeln angreifende Rechtsradikale

Berlin (AP/AFP/taz) — Rund 40 Asylbewerber setzten sich in der Nacht zum Montag in der sächsischen Stadt Eilenburg mit Knüppeln und Eisenstangen zur Wehr und verprügelten eine etwa gleichstarke Gruppe von Skinheads. Diese hatten sich vor dem Flüchtlingsheim nach einem Discobesuch gesammelt und rassistische Parolen gebrüllt. Im sächsischen Mittelsdorf gelang es Asylbewerbern, einen Brandsatz zu löschen, der aus einem fahrenden Auto in das offene Fenster eines Heims geworfen wurde.

Ein 25 Jahre alter rumänischer Asylbewerber in Keez (Mecklenburg-Vorpommern) konnte sich dagegen nicht wehren und wurde bei einem Überfall schwer mißhandelt. Er erlitt eine Nasenbeinfraktur, als vier Jugendliche zwischen 16 bis 19 Jahren in ein mit 20 Ausländern belegtes Heim eindrangen und randalierten. Ein 16jähriger Täter habe den Rumänen getreten und geschlagen, so die Polizei. Gegen den geständigen Täter wird ein Haftantrag wegen schwerer Körperverletzung, Landfriedensbruch und Sachbeschädigung geprüft.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, sagte gestern, manchmal könne der Eindruck entstehen, daß die Regierung die Situation gewollt provoziert habe. Politik und Staatsgewalt hätten es schon seit Monaten versäumt, gegen die Gewalttäter vorzugehen. „Statt dessen hat die Politik sich konzentriert auf eine Asyldebatte, die nichts bringt, als daß die Gewalttäter indirekt unterstützt werden, indem sie das Gefühl bekommen, daß ihre Gewalttaten endlich die Politik zum Handeln bringt.“

Über den Asylbeschluß des FDP-Parteitags äußerte sich Bubis enttäuscht. Aber letztendlich könne er damit leben, weil das individuelle Recht auf Asyl nicht angetastet würde. Bubis sagte weiter: „Daß jüdische Mitbürger bei zunehmendem Antisemitismus Deutschland den Rücken kehren könnten, ist für den einen oder anderen nicht auszuschließen.“