Schweizer Firma bricht UN-Embargo gegen Libyen

■ Genfer Firma fungiert als Drehscheibe für illegale Lieferungen in den Wüstenstaat

Genf (taz) — Eine Schweizer Firma bricht das von den Vereinten Nationen verhängte Embargo gegen Libyen. Just in der Nachbarschaft des europäischen UNO-Hauptquartiers in Genf geht die kleine Handelsfirma Itran Overseas S.A. ihren diskreten Geschäften nach. Die Kundschaft sitzt in der libyschen Hauptstadt Tripolis: Die Firma fungiert als Drehscheibe zur Umgehung des vom UNO-Sicherheitsrat im Frühjahr dieses Jahres wegen der angeblichen Beteiligung zweier libyscher Geheimagenten am Lockerbie- Attentat beschlossenen Handelsembargos gegen den Wüstenstaat. Itran Overseas S.A. hat inzwischen Routine im Unterlaufen des UNO-Exportverbots gegen Libyen entwickelt. Das geht aus Geschäftskorrespondenz hervor, die der taz zugespielt wurde.

Ende August, das UNO-Handelsembargo war längst in Kraft, bemühte sich Itran-Chef Younes Omrani etwa um Spezialfahrzeuge der Marke Mercedes- Benz— gepanzert und mit einer zusätzlichen Spezialkabine zum Transport von Wertgegenständen ausgerüstet. Omranis Kunde für das Gefährt: die Sahara-Bank in Tripolis. Dorthin meldete er am 20. August 1992, UNO-Embargo hin oder her: „Für weitere Anfragen stehen wir zur Verfügung.“ Der Export von Kriegsmaterial aus der EG nach Libyen ist schon seit Jahren verboten. Trotzdem offerierte der belgische Elektrokonzern Alcatel den Libyern noch im Februar dieses Jahres für 120 Millionen belgische Francs Funktechnik inklusive „6 weeks local training — free of charge“ (sechs Wochen kostenfreies Training vor Ort). Empfänger des Angebotes: das Directorate of Military Procurement, Swani Road, Tripolis. Relaisstation für das Geschäft war wieder der Briefkasten der Itran Overseas in Genf. Auch britische Firmen fanden offenbar über den Schweizer Händler Kontakte zu Libyen. Dabei geht es um High-Tech-Ware, die wegen ihrer militärischen Bedeutung auf der Cocom- Liste steht. Thomas Scheuer

Siehe auch Seite 8