Leinen los und Zähne zeigen

■ Bremerhaven: Kampfhundeklausel aufgehoben / Gleichheitsgebot auch für Hunde

Leinen los und Zähne zeigen

Bremerhaven: Kampfhundeklausel aufgehoben / Gleichheitsgebot auch für Hunde

Für Kampfhunde in Bremerhaven gilt seit gestern wieder: Leinen los und Zähne zeigen. Der fast einjährige polizeilich verordnete Maulkorb- und Leinenzwang für „Doggenableger und bullartige Terrier“ hat ein Ende. Der Besitzer eines Bullterriers hat damit gestern in einem Normenkontrollverfahren einen Teilerfolg gegen die Stadt Bremerhaven vor dem Oberverwaltungsgericht Bremen erzielt.

Warum die Bremerhavener Kampfhundeklausel Schäferhunde, Dobermänner und Rottweiler ausschloß, das war selbst dem Vorsitzenden Richter Günther Pottschmidt unklar. Daher verwunderte es wenig, als er in seinem Urteilsspruch die Kampfhundeklausel für nichtig erklärte, denn: „Gleichgefährliche Hunderassen werden nicht gleichbehandelt“.

In der zweistündigen Verhandlung hatte der Richter eine „plausible Erklärung“ für den diskriminierenden Erlaß verlangt: Der Deutsche Schäferhund stehe mit weitem Abstand an der Spitze der Statistik „Angriffe auf Mensch und Tier“, rechnete der Richter vor. An die HalterInnen dieser Rasse, schätzungsweise eine halbe Million in der Bundesrepublik, „haben Sie sich wohl nicht rangetraut“, bemerkte er in Richtung des Bremerhavener Verwaltungsdirektor, Ulrich Freitag.

Freitag wies den Vorwurf einer Rassendiskriminierung von sich. „Ein Verstoß gegen das Gleichheitsgesetz liegt nicht vor“, befand er. Bei Zwischenfällen könnten auch andere Rassen von der Polizei einen Maulkorb verpaßt bekommen. Bei der Auflistung der gefährlichen Hunderassen habe man sich an der Gesetzeslage in anderen Bundesländern orientiert: als Beispiele dienten Baden-Württemberg, Saarland und Hamburg. Dort bräuchten Halter von Kampfhunden sogar einen „Hundeführerschein“, eine Art generelle Erlaubnispflicht. Daß die Liste der gefährlichen Rassen nicht vollständig sei, wollte Freitag nicht ausschließen. Wenn von anderen Rassen „eine Grundgefährlichkeit ausgeht“, würde man die Liste erweitern.

Walter Potthast, Rechtsanwalt des Bullterrier-Herrchens, sprach von einer „Pressehetze“ gegen den „sogenannten Kampfhund“. Einen ausgeprägten Kampftrieb hätten auch Schäferhunde. Unter den Bullterriern gäbe es zwar „einzelne Abarten“, die als Fehlentwicklungen „eliminiert werden“ müssten. Bei der Entscheidung, ob ein Hund ein öffentliches Sicherheitsrisiko ist, so Potthast, seien die angelegten Kriterien Beißkraft, Größe, Aggressivität und Kampfhundimage entweder nicht „schlüssig nachzuvollziehen“ oder „völlig unzulässig“.

Auch Richter Pottschmidt äußerte seine Zweifel: „Über die Kaukraft weiß man nicht viel. Die einen beißen, die anderen drücken zu. Manche sind phlegmatisch und kauen aber kräftig...“. Kurz: Die hundepsychologischen Erkenntnisse seien doch noch recht dürftig.

Das Verfahren um die Kampfhundesteuer wird vom Landesfinanzgericht getrennt verhandelt. Marion Wigand