Suche nach Toten unter den Trümmern

■ Die Zahl der Opfer des Amsterdamer Flugzeugabsturzes ist weiterhin ungewiß, die Bergung am Unglücksort geht nur mühsam voran/ Die beiden Triebwerke der EL-Al-Boeing wurden gefunden

Amsterdam (AP/AFP) — Nur sehr mühsam kommen die Bergungsmannschaften bei der Suche nach den wahrscheinlich 250 Todesopfern der Flugzeugkatastrophe von Amsterdam voran. Bis Dienstag mittag konnten die sterblichen Überreste von erst zwölf Menschen, darunter ein Kind, in die provisorische Leichenhalle gebracht werden. Die geborgenen Toten werden in einem Hangar des Flughafens Schiphol aufgebahrt und dort nach Möglichkeit auch identifiziert.

Bürgermeister van Thijn sagte jedoch auf einer Pressekonferenz am frühen Morgen im Rathaus, es hätten sich zwar mittlerweile 88 der 239 gemeldeten Bewohner des zerstörten Wohnblocks bei der Polizei gemeldet. Aber „vielleicht werden wir nie erfahren, wer sie waren.“ Viele Opfer wurden beim Absturz der vollgetankten Frachtmaschine der israelischen Luftfahrtgesellschaft El Al, bei dem sich ein zehnstöckiger Wohnblock in ein Flammenmeer verwandelte, bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Die Aufräumarbeiten werden sich voraussichtlich noch einige Tage hinziehen.

Erschwert wird die Identifizierung auch dadurch, daß in dem betroffenen Stadtteil Bijlmermeer, in dem ein sehr hoher Anteil an Ausländern lebt, zahllose unangemeldete Einwanderer wohnen. Bürgermeister Ed Van Thijn sagte, die am schlimmsten betroffene Bevölkerungsgruppe sei offenbar diejenige aus der ehemaligen niederländischen Kolonie Surinam. Beamte der Stadtverwaltung erklärten, illegal im Stadtteil lebende Ausländer, die sich an der Identifizierung von Opfern beteiligten, hätten nicht mit irgendwelchen Nachteilen zu rechnen.

Bei Flutlicht waren die Bergungsarbeiten in der Nacht zum Dienstag fortgesetzt worden, doch kamen die Helfer angesichts der vom Einsturz bedrohten Ruinen nur langsam voran. Mit zwei Kränen lösten Arbeiter herabbaumelnde Betonteile. „Es ist ein schrecklicher Anblick“, sagte Feuerwehrmann Carel Beer. „Man kann die Leichen zwar sehen, aber man kann sie nicht bergen, es gibt zu viele lose Bruchsteine.“ Nach offiziellen Angaben wurden 80 Wohnungen bei dem Aufprall des Großraumfrachtflugzeugs zerstört. 150 weitere seien erheblich beschädigt worden.

El Al räumt frühere Schäden an der Maschine ein

Die beiden Triebwerke, die sich bei der am Sonntag abgestürzten Boeing 747-200 gelöst hatten, sind am Dienstag gefunden und zum Amsterdamer Flughafen Schiphol gebracht worden. Dort sollen sie von Experten untersucht werden. Das US-Unternehmen Boeing, Hersteller der verunglückten Maschine, hat am Montag abend alle Fluglinien aufgefordert, die Befestigungen der Triebwerke an den Jumbos dieses Typs überprüfen zu lassen. Unterdessen wurde bekannt (die taz berichtete gestern), daß bei der Unglücksmaschine, deren Flugschreiber an der Unglücksstelle bis Dienstag mittag nicht gefunden wurde, vor drei Jahren schon einmal größere technische Schwierigkeiten aufgetreten waren. Wie ein Sprecher der Fluggesellschaft El Al mitteilte, hatte die Maschine damals beim Anflug auf den New Yorker Kennedy-Flughafen Probleme beim Ausfahren des Fahrwerks. Bei der darauffolgenden schwierigen Landung sei das Düsentriebwerk durch die Erschütterung beschädigt worden. Es sei jedoch eine aufwendige Reparatur an der Maschine vorgenommen worden, betonte der Sprecher. Der Generaldirektor der El Al, Rafin Harlev, hatte am Montag versichert, bei der abgestürzten Maschine sei nie zuvor irgendein technisches Problem aufgetreten.

Nach Angaben von Boeing fliegen derzeit weltweit 69 Transportmaschinen dieses Typs. Die am Sonntag abgestürzte Maschine war mit einem Standardtriebwerk Pratt und Whitney JT9D-7J ausgerüstet. Wie ein Unternehmens- Sprecher ergänzte, liegen der Firma keine Beweise dafür vor, daß ein Defekt an den Befestigungsbolzen für die beiden Unglücke verantwortlich sei.