Erneut Bedenkliches

Das Schale ist des Schrecklichen Anfang. So war's mit Lady Di und ihrem Prinzgemahl, so war's mit Fergie und ihrem Offiziersgatten, so ist's mit dem Autor Hermann Martin und seiner intimsten Verbindung. Daß der Freiwillige Mitarbeiter Kant, der immer schon gußeisernen Patriotismus und flexible Handhabung der deutschen Sprache innig zu vereinen wußte, nun auch als !Inoffizieller Mitarbeiter enttarnt worden ist, überrascht uns nicht. Gar nicht überrascht uns auch seine empörte Stellungnahme, der Spiegel habe wie üblich gelogen, und überhaupt nicht überrascht uns die Empörung, die auf diese empörende Empörung folgt.

Kants berechtigte Zurückweisung aller Empörung mit dem Hinweis, schließlich habe jeder, der mit ihm sprach, Bier trank und überhaupt verkehrte, gewußt, wes Geistes Feldwebel er sei, ist wiederum ergänzungsbedürftig: Immerhin war der „Verfechter der Entspannung“ (Hermann über Martin) nicht nur „ungefähr so geheim wie der Marx-Engels-Platz“, sondern auch ebenso interessant. Der Literatursoldat, beehrt mit einem Luftgewehr und ausgezeichnet mit der „Medaille der Waffenbrüderschaft in Silber“, hat damit sein letztes Rückzugsgefecht geschlagen, während die freizusetzenden brothers in arms des guten alten Feindes anderweitig zur Pazifierung deutscher Verhältnisse eingesetzt werden sollen: Unser aller Innenminister Rudolf Seiters möchte 200 Soldaten aus dem mittleren Dienst vor der vorzeitigen Pensionierung retten, indem er sie „zur Anhörung“ von AsylbewerberInnen vornehmlich aus Rumänien und Bulgarien heranzieht. Einfühlsame Feldwebel bis Oberstaatsfeldwebel werden dann mit militärischer Präzision ihre Kreuzchen auf den Computerbögen machen und dafür Sorge tragen, daß die standardisierte „persönliche Anhörung“ für AsylbewerberInnen zu einem bleibenden Erlebnis der Zivilgesellschaft wird. „Schiffe versenken“ ist ein beliebtes deutsches Spiel.

Der Vorstoß des Militärs in den Verwaltungsbereich erfreut sich überraschenderweise der spontanen wie unbefangenen Zustimmung von FDP und SPD, letztere mahnt allerdings mit taubengleicher Zartheit den „zivilen Charakter“ des Verfahrens an. Da die Tuchfrage wohl noch ebenso ungeklärt ist wie die Helmfarbe der „GUS-Friedenstruppe“ in Georgien, empfiehlt das hier tätige Doppelte Flottchen, Fachfrau für Modefragen in der Redaktion, die einfache Weißwaschung an. Schwerer zu helfen ist dem Innenminister bei seinem Vorhaben, in Bundesgrenzschutz- und Bundeswehrkasernen „Asyl-Entscheidungszentren“ einzurichten: Diese gibt es längst. Und zwar in Rostock, Hoyerswerda, Quedlinburg, Hünxe und anderswo. In ganz Deutschland. Flächendeckend. ES