Liz Superstar

■ Auch diese Diva arbeitet hart an ihrer eigenen Legende

Mit achtundzwanzig erhielt sie ihren ersten Oscar, war bereits zum vierten Mal verheiratet, einmal verwitwet und dreifache Mutter. Für Liz Taylor durfte es immer schon etwas mehr sein. Mehr Männer, mehr Schlagzeilen, mehr Skandale. Liz Taylors Leben — turbulent, exzessiv; ihr Zuckerwatte-Stil — glitzernd, mit unfreiwilliger Nähe zum Bizarren, Schrägen — die Mischung ist seit Jahrzehnten ein gefundener Fraß für alle, die von einem solchen Leben sich kaum zu träumen trauen, eine anekdotenstrotzende chronique scandaleuse.

So spitzten auch Andrea Thain und Michael O. Huebner die Stifte, um die alten Skandal-Kamellen noch einmal in fein säuberlicher Zusammenschau biographisch aufzulisten. Das pralle Taylor-Leben, hier ist es zwischen zwei Buchdeckeln zu schalem Klatsch geronnen.

Dabei kann Klatsch so schön sein. Nicht erst Tom Wolfe und Truman Capote haben gezeigt, wie raffiniert die Gerüchteküche sein kann, wenn der Koch sein Handwerk versteht. Sie beherrschten die Kunst, dem Publikum delikate Gemeinheiten aufzutischen und unterderhand Gesellschaftsbilder von subtiler Tiefenschärfe einzuträufeln. Weit entfernt davon Huebner und Thain. Sie amüsieren nicht, sie unterhalten nicht. Sie tratschen. Tratschen über die Taylor unter dem Motto, das goldgerändert auf der Rückseite des Einbands prangt: „Ihren Mythos schrieb das Kino, doch ihre größte Rolle ist das Leben.“

Folgerichtig beginnt das Buch mit der Prämisse, Elizabeth Taylor habe als Schauspielerin zwar nie viel getaugt. Aber ihr Leben, das sei der wahre Film. Und so wird schon auf den ersten zehn Seiten ihre Filmarbeit lapidar abgehakt: „Anders als bei anderen Diven beruht ihr Anspruch weniger auf Können als auf freien Schultern, tiefen Decolletes, verführerischen Abendroben.“ Die Autoren irren. Weder sind tiefe Decolletes der Tod der Kunst, noch läßt sich sagen, daß nicht auch andere Diven die ihren mit Lust zur Schau stellten. Und schließlich widerlegen Filme wie „Spiegelbild im goldenen Auge“, „Katze auf dem heißen Blechdach“ und „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ solche in Prüderie dümpelnden Behauptungen.

Da die Leinwandfiguren der Schauspielerin weitgehend außen vor bleiben, wird halt beschrieben, wie die kleine Liz von der ehrgeizzerfressenen Mutter in die Höhle des MGM-Löwen geworfen wurde. Wie sie als Kinderstar litt, lernte und ein zähes Mädchen wurde. Die lange Reihe der Liebhaber marschiert auf. Aber auch der Versuch, den Leser mit süffigen Anekdoten durch die Taylor- Vita zu jagen, scheitert jämmerlich. Und ob Liz Superstar mehr als ein Gesicht hat, Thain und Huebner wollen es gar nicht wissen; ihr Text schlummert selig im Klischee. Die Autoren begnügen sich damit, ein Klatschpressen-Image zu reproduzieren; sie thematisieren es nicht. Auch eine öffentliche Existenz via Klatschspalte fällt nicht vom Himmel. Spektakulär mag Elizabeth Taylors neues Parfum gewesen sein, spektakulär ihr Einsatz für die Aids-Hilfe, spektakulär ihre Heirat mit einem Bauarbeiter. Kein Zweifel: Auch diese Diva arbeitet hart an der eigenen Legende. Aber unermüdlicher Einsatz im Dienste der eigenen Popularität allein führt nicht über vierzig Jahre hinweg zu einer derartigen Medienpräsenz.

Vielleicht ist es das: Sie ist, wie alle anderen Sterblichen, nicht jünger geworden, kämpft mit Gewichtsproblemen, schluckt Pillen, säuft. Die Geschichte ihrer Wirkung — vom Männertraum zur Hausfrauen-Ikone. Die Göttin ist, immer mal wieder, vom Sockel gestiegen. Den LeserInnen der Herz- Schmerz-Postillen kann sie aber immer noch Heroin sein. Scheint doch ihr Beispiel zu zeigen: Du kannst Frau, fett und alt sein, saufen — aber Du kannst es wieder schaffen: wie Liz Taylor als Glamour-Phönix wieder aus der Asche steigen. Marion Löhndorf

Andrea Thain/Michael O. Huebner: „Elizabeth Taylor. Hollywoods letzte Diva. Eine Biographie“. Wunderlich Verlag im Rowohlt Verlag, 352 Seiten, 44DM.