111 Oechsle: Rekord im Hinterhof!

■ Trotz Vinifizierung in Italien: Eimsbüttler Auslese ist noch nicht EG-kompatibel

ist noch nicht EG-kompatibel

Ein sonniger Frühherbstmorgen. Mit Eimer, Gartenschere und Leiter bewaffnet machen wir uns auf den Weg in die Faberstraße 21 in Eimsbüttel. Wir wollen es genau wissen: Sollte Hamburg wirklich nicht nur vielbeworbener Wirtschaftsstandort, sondern auch ein bisher unbeachtetes Weinanbaugebiet sein?? Die Weinstube Lehmitz lockte mit dieser Versprechung.

Zwischen verstaubten Flaschen ChÛteau Lafite-Rothschild, Jahrgang 1917, für schlappe 2800 Mark die Pulle, oder einem Aitelsbacher Karthäuser Rothberger aus dem Jahre 1921 — schon für 1650 Mark zu haben — werden wir aufs freundlichste zum fruchtigen Presse-Pflücken, sprich: zur Weinlese empfangen. Ziel der arbeitsaufwendigen Aktion ist, die Lehmitzer Weinstöcke von ihrer schweren Last, Muskat-Trauben und Blauem Portugieser, zu befreien. Schließlich soll heute der Most für das 1992er Eimsbüttler Hinterhöfchen gekeltert werden. Damit jener dann schnellstmöglich per Kühltransport ins norditalienische San Pietro bei Verona verschickt werden kann. Dort wird der tiefrote Saft von einem echten Winzer „vinifiziert“, in das beliebte alkoholhaltige Getränk verwandelt.

Wir machen uns an die Arbeit. Schnipp, schnapp und schon fallen die auffallend kleinen Früchtchen ab. Die Weinkelter steht schon bereit, der Matsch wird bis zum letzten Tropfen ausgequetscht. Ein ganz besonders süßer Wein wird es diesmal werden: Waren es im Vorjahr lediglich 85 Grad Oechsle — womit der natürliche Zuckergehalt des Mostes gemeint ist —, sind es diesmal satte 111. „Rekord — das wird mindestens eine Auslese“, verkündet Junior Bernd Lehmitz saftverschmiert den Journalisten.

Eine erste Kostprobe läßt hoffen. Äächcht läckar, attestieren wir. Das Endprodukt wird übrigens weniger teuer als die eingangs erwähnten Raritäten, sprich umsonst sein. Denn es kann zwar jede Sorte überall angebaut werden; doch für Weine, die vermarktet werden, ist genau festgehalten, welcher wo wachsen darf. Und die erwarteten 150 Liter Eimsbüttler Hinterhöfchen sind vorerst noch nicht EG-kompatibel. Gregor Gerlach