Konsens ohne Kontroverse

■ Der Friedenspreisträger Amos Oz las aus seinem Roman "Der dritte Zustand"

las aus seinem Roman Der dritte Zustand

Der diesjährige Friedenspreisträger des deutschen Buchhandels, der Israeli Amos Oz, las am vergangenen Samstag aus seinem jüngsten Roman Der dritte Zustand. Im Hauptgebäude der Uni trug er ein Kapitel aus dem hebräischen Original vor, und forderte die Zuhörer auf, sich während seines Vortrages, falls man des Hebräischen nicht mächtig sei, auf die Melodie der Sprache zu konzentrieren. Dem leistete das Publikum gern Folge, da Oz beim Vorlesen einen milden, und zum genauen Zuhören anregenden Ton traf.

Anschließend las der Schauspieler Kai-Uwe von Hassel die im Roman behutsam erzählte Gechichte von Efraim Nissan, genannt Fima, Uni-Abbrecher, verkappter Literat, der sich mit seinem Freund Ted Tobias in einer politischen Dauerargumentation engagiert und verstrickt. Angesichts seiner übertrieben ironisch wirkenden Lesart konnten sich die Anwesenden an einem Vortrag delektieren, der auf die Schilderung nur allzu menschlicher, und so wohlig beruhigender Schwächen anderer mehr Wert

1legte, als auf Erörterung tieferliegender Gründe, aus denen sich die Sympathie für den Protagonisten hätte ergeben können.

Die Feststellung einer Sprecherin, daß eine solche Veranstaltung vor ein paar Jahren noch mit dem Unterzeichnen einer Petition beendet worden wäre, und die Frage,

1wie Amos Oz trotz dieser Entwicklung die deutsche Friedensbewegung beurteile, verpuffte als Gesprächsanregung.

Das lag allerdings nicht an den bündigen, kompetenten Antworten von Amos Oz, sondern an dem scheinbaren Anliegen der meisten, einen Konsens zu erreichen, ohne

1diesen über eine vorher ausgetragene Kontroverse zu erzielen. Auf dem Weg „vom emotionalen Momentum zum emotionalen Durchbruch“ (Zitat aus Der dritte Zustand), fiel die Entscheidung schließlich doch zu Gunsten eines auch in Zukunft zu verbrämenden guten Willens. Kristof Scheuf