De Klerk will Weiße schützen

Südafrikas Präsident stellt sich gegen ANC und die rechtsradikale CP/ Amnestiegesetze für Apartheid-Verbrecher?  ■ Aus Johannesburg Hans Brandt

Südafrikas Präsident Frederick de Klerk hat gestern bei der Eröffnung einer zweiwöchigen Sondersitzung des Parlaments den Reformkurs seiner Regierung verteidigt, gleichzeitig aber den Afrikanischen Nationalkongreß (ANC) für sein Festhalten an Massendemonstrationen kritisiert. Am Vormittag hatten etwa 10.000 ANC- Anhänger in einer Demonstration vor dem Parlament die Abschaffung des nach Rassen getrennten Hauses und die Einsetzung einer übergangsregierung gefordert, an der alle Parteien beteiligt sind. De Klerk rief den ANC, die Zulupartei Inkatha und den Panafrikanistischen Kongreß (PAC) dazu auf, ihre sich gegenseitig bekämpfenden Mitglieder unter Kontrolle zu bringen. „Der sogenannte Kampf muß durch Verhandlungen ersetzt werden“, sagte de Klerk.

De Klerks Rede war in großen Teilen eine Verteidigung gegen die Kritik der ultrarechten Konservativen Partei (CP) und aus den Reihen seiner regierenden Nationalen Partei (NP). Der Präsident betonte, daß er eine starke Dezentralisierung der Macht in einer neuen demokratischen Verfassung durchsetzen wolle. „Diese Regierung wird sich nicht verängstigen oder bedrohen lassen, um diese Prinzipien abzuschwächen“, sagte de Klerk. Aber der Präsident betonte auch, unter Protest der CP- Parlamentarier, daß seine Partei die „Bevorzugung einer Minderheit und Rassentrennung“ endgültig abgelehnt habe.

Die Sondersitzung des Parlaments war ursprünglich geplant worden, um die gesetzliche Grundlage für eine Übergangsregierung zu schaffen. Nach dem Zusammenbruch von Verhandlungen ist das nicht mehr möglich. Statt dessen sind Gesetze vorgesehen, die einzelne Aspekte der noch existierenden Rassentrennung, beispielsweise in der Verwaltung getrennter Schulen, abschaffen sollen. Es ist auch ein Gesetz geplant, das eine Amnestie für Regierungsagenten und Politiker ermöglichen soll, die zur Verteidigung der Apartheid Verbrechen verübt oder angeordnet hatten.

Der ANC werde eine solche Amnestie nicht anerkennen, warnte ANC-Vizepräsident Walter Sisulu vor dem Parlament. „Bevor wir die Verbrecher der Apartheid vergessen können, müssen ihre Verbrechen aufgedeckt werden“, sagte Sisulu. „Wir müssen wissen, wer getötet und entführt hat. Wir müssen wissen, wer die Befehle erteilt und wer die Morde verübt hat.“ Nur eine Übergangsregierung könne eine verbindliche Amnestie verabschieden.

De Klerk wird zur Zeit von allen Seiten scharf kritisiert. Während der ANC die Amnestie-Pläne ablehnt, haben eine Reihe von NP- Kongressen in den letzten Wochen zunehmenden Unmut unter Mitgliedern der Regierungspartei demonstriert. Viele NP-Mitglieder glauben, daß die Regierung in letzter Zeit die Initiative in Verhandlungen an den ANC verloren hat und dem ANC zu viele Konzessionen eingeräumt hat. Das folgt auf ein Abkommen zwischen ANC und Regierung Ende September, in dem der ANC eine Reihe von Forderungen zur Kontrolle der Gewalt und zu den Strukturen einer Übergangsregierung durchsetzen konnte.

Die rechte CP protestiert ihrerseits gegen zwei Gesetze, die jetzt verabschiedet werden sollen: Eines wird Nachwahlen für nach Todesfällen oder Rücktritten freigewordene Parlamentsmandate abschaffen. Das soll der NP zufolge Geldverschwendung für ein Parlament vermeiden, das schon in absehbarer Zeit durch eine Übergangsregierung abgelöst werden wird. Die CP könnte damit keine weiteren Mandate durch Nachwahlen hinzugewinnen. Ein zweites Gesetz erlaubt es dem Präsidenten, Leute ins Kabinett zu berufen, die keine Parlamentsabgeordneten sind. Das könnte unter anderem genutzt werden, um Schwarze in die Regierung aufzunehmen.