Klare Verantwortlichkeiten-betr.: "Vor dem Teilrückzug", taz vom 7.10.92

betr.: „Vor dem Teilrückzug“, taz vom 7.10.92

Matthias Geis' These „Stolpe im Amt bedeutet faktisch eine Entwertung des Wahrheitsgehaltes der Akten“ stellt die Rechtslogik so ziemlich auf den Kopf. Globkes Verbleib in Adenauers Diensten zum Beispiel hat seine Kommentierung der Nürnberger Rassengesetze (um Schlimmeres zu verhüten, versteht sich) nicht aufgewertet, und „Stolpe im Amt“ mindert nicht die Verdienste des „Kämpfers an der unsichtbaren Front“.

Für Konsequenzen aus politisch-moralischem Versagen gibt es keinen Automatismus, wohl aber klare Verantwortlichkeiten. Und die liegen im Fall Stolpe bei der SPD. Auf ihr wird die Schande ruhen, solange er im Amt ist — nicht aber auf der Gauck-Behörde.

Die Wahrheit hat und ist kein Vollzugsorgan. Doch daß sie nicht den Kriterien von Bild oder Meinungsumfragen unterliegt, sollte gerade die taz wissen. Denn eigentlich ist weniger das wendig-windige - aber in sich konsequente - Verhalten der IM „Heiner“, „Martin“ oder „Sekretär“ das Abstoßende als vielmehr der sich Deckung erhoffende Chor geistiger Mitläufer und Mittäter. Christof Ehrler, Dresden