Langes Studium — weniger Rente

■ Wer denkt schon gern ans Alter? Ein Blick auf das neue Rentengesetz lohnt sich trotzdem

Welcher Student denkt im Uni- Alltag schon an seine Rente? Klare Antwort: Wahrscheinlich keiner. Zu Unrecht, wie beim genauen Studium des Rentenreformgesetzes deutlich wird. Tatsächlich regiert das Regelwerk, das am 1.Januar 1992 in Kraft trat, sogar auf dem Campus. Indirekt, versteht sich. Denn neben vielen anderen Änderungen birgt es eine Verkürzung der Anrechnungszeiten für Ausbildungsjahre.

Konnten unter dem altem Gesetz bei der Rentenrechnung immerhin maximal 13 Lernjahre berücksichtigt werden, sind es nun nur noch sieben. Eine Übergangszeit, die das Gesetz vorsieht, endet im Jahre 2003. Für alle, die ihre Rente danach beantragen, gilt: Wenn sich das Rentengesetz nicht wieder ändert, klafft, der Reform sei Dank, im Rentenplan eines jeden Akademikers eine Lücke für einen Teil der Studienzeit.

Bislang teilten sich die 13 berechneten Ausbildungsjahre auf Schule, Fachschule (jeweils maximal 4 Jahre) und Hochschule (höchstens 5 Jahre) auf. Statt diese knappen Zeiten der Uni-Realität — die durchschnittliche Studiendauer beträgt etwa 13 Semester — anzupassen, setzte der Bundestag am 9. November 1989, also mitten im Vereinigungstaumel, bei den studierten Rentnern in spe den Sparstift an. Von der Umgestaltung doppelt betroffen sind Studierende auf dem zweiten Bildungsweg, die die 13 Jahre bislang voll ausschöpfen konnten.

Unter dem neuen Gesetz lassen sich künftig pauschal sieben Ausbildungsjahre auf die Rente anrechnen. Was viel erscheint, erweist sich tatsächlich als wenig. Denn die Versicherungsträger beginnen die Zählung der Berechnungszeiten bereits am 16. Geburtstag. Selbst Musterschülerinnen hätten also nach dem Abi auf ihrem Rentenkonto nur vier Anrechnungsjahre für eine Hochschulkarriere. Damit setzt das Gesetz ein Studientempo voraus, das sich auch ohne Überlast praktisch nicht erreichen läßt.

Da es bei der Rentenberechnung auf eine möglichst lückenlose Beitragszeit ankommt, heißt es nun: schneller studieren oder nachzahlen. Letzteres empfiehlt die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte allen, die nicht auf eine hohe Rente verzichten wollen. Das Extra-Entgelt für die „verlorene Zeit“ muß spätestens bis zum 45. Lebensjahr beim Rentenversicherungsträger entrichtet werden.

„Besonders unfair für BAFöG- Empfänger“, ärgert sich Stephan Krukowska von der Hochschulgruppe Graue Panther an der Uni Kiel, die vor einigen Jahren als Lobby der Langzeitstudis entstand und nun dank ihrer witzigen Aktionen den AStA stellt. Die Hypothek aus der Studienzeit setzt sich bei den BAFöG-Empfängern aus Schulden beim BAFöG-Amt und Nachzahlungen an die Rentenversicherung zusammen. So fällt Krukowska sein kurzes Urteil über die Verkürzung: „Völliger Quatsch.“ Nicht zumutbar sei, im frischen Alter von 18 oder 19 an die Rente zu denken, und vor allem: „Niemand kann es schaffen!“ — selbst, wenn er oder sie wollte. Rainer Kirchhefer