■ Das Porträt
: Yang Shangkun

Yang Shangkun gehört zu den wenigen Staatsoberhäuptern, die ihr Amt erst nach dem achtzigsten Geburtstag antraten. Schon in jungen Jahren jedoch war der 1907 Geborene, der jetzt seinen Abschied aus dem Politbüro der chinesischen KP nimmt, in die Führung der Partei aufgestiegen. Vor allem sein Studium in Moskau in den Jahren 1927 bis 1931 war für seine Parteilaufbahn ausschlaggebend. Dort schloß er sich der Hier Foto Nr 19

anfangs sehr kleinen stalinistischen Fraktion in der KP Chinas – den „28 Bolschewiken“ – an, die in den folgenden Jahren die Partei beherrschte. So wurde Yang 1932 – fünf Jahre nach seinem KP-Beitritt – Leiter der Propagandaabteilung des ZK und beteiligte sich sofort an einer Kampagne gegen Mao Zedong, den die „Bolschewiken“ ausschalten wollten.

Mit dem Aufstieg Maos Ende der dreißiger Jahre verschwand Yang aus der Parteispitze und stieg erst nach dessen Tod wieder in die oberste Führung auf. In den fünfziger Jahren bekleidete Yang allerdings den einflußreichen, wenn auch nicht hochrangigen, Posten des Leiters des ZK-Büros. Dabei arbeitete er eng mit dem damaligen Generalsekretär Deng Xiaoping zusammen. Im November 1965 wurde Yang – ein Jahr vor Deng – wegen seiner „prosowjetischen“ Haltung gestürzt und damit praktisch das erste Opfer der Kulturrevolution. Nach seiner Rehabilitierung 1978 wurde er 75jährig Mitglied des Politbüros und Dengs Stellvertreter in der Militärkommission, 1988 schließlich Staatspräsident. Aufgrund dieser Posten und mehrerer Verwandter in der Armeespitze – einschließlich seines Halbbruders Yang Baibing – war er auch 1989 neben Deng Xiaoping der einflußreichste Militärführer. Yang war der einzige der „28 Bolschewiken“, der nach der Kulturrevolution seine Rehabilitierung noch erlebte und wieder in die Parteispitze befördert wurde. Allerdings hatte er immer die Befürchtung, daß Historiker sich zu genau mit der Geschichte der stalinistischen Fraktion befassen könnten und gab daher 1985 die folgende Anweisung: „Historische Probleme sollten allgemein und nicht zu genau erforscht werden, d.h., daß einige kontroverse Fragen nicht allzu detailliert behandelt werden sollten... Sobald man in die Details geht, stößt man auf viele Probleme, die nur sehr schwer zu lösen sind.“ Thomas Kampen