Konsequentes Spiel mit Stilen

Die ersten Botschafter der musikalischen Weltstadt New Orleans, die  ■ Neville Brothers

, boten trotz Umzug aus der Sporthalle in die Große Freiheit einem jubelnden Publikum einen Querschnitt durch 30 Jahre Schaffen

Ein wenig wirkte die Erscheinung der Neville Brothers wie eine gezähmte Version der Village People, jener Hit-Single-Truppe, die um das Jahr 80 im schwulen Faschings- Look über die Elysien männlicher Erotik (Y.M.C.A., US-Navy) Fröhlichkeiten trällerte. Aaron verpackte seine Brüste in einem hautengen, ärmellosen, silbernen Lurex-Leopard-T-Shirt, Art mit Brille und Jeanshemd mimte den Armen- Doktor, Cyril im knielangen Afro- Hemd mit passender Kappe und ägyptischem Anch-Zeichen um den Hals durfte der 60er-Jahre-Back-to- the-Roots-Kämpfer sein und Charles schließlich unterließ jede Eindeutigkeit zwischen Guerilla- und Happy-Sunshine-Dress. Selbiges Spiel mit Stilen markiert auch ihr musikalisches Werk konsequent seit mehreren Jahrzehnten.

Die zuletzt auch kommerziell erfolgreichen zähen Botschafter der New-Orleans-Musikszene, deren Konzert dennoch aus der Alsterdorfer Sporthalle in die Große Freiheit verlegt werden mußte, blieben ihrem Puzzle-Image treu und wechselten zwischen 60er-Soul-Erinnerungen, Leonard- Cohen-Zitaten, Mardi-Gras-Hits und ihrer neuesten Adaption von Steve Millers „Fly Like An Eagle“. Daß sie dabei stets sie selbst bleiben, nie den Überblick für die zwingende Gemeinsamkeit verlieren, zeichnet sie aus, als die vordersten Vertreter des Schmelztiegels New Orleans, dieser Wegkreuzung unzähliger Ethnien und Kulturen.

Ihrem überwiegend im Nachkriegsdeutschland gezeugten Publikum blieben sie nichts schuldig: ihre wenigen wirklichen Gassenhauer wie Aarons „Tell It Like It Is“ oder „Yellow Moon“ ebensowenig wie Cyrils One-Family-One- World-One-God-Predigten, die Hamburgs Atheisten mit einer nahezu unwirklichen Begeisterung apportierten. Doch stellt man anheim, daß Gott in Lousiana ein anderer ist, und verliert sich nicht an den oft etwas tapsigen Friedensbotschaften, dann war man tief in Musik verloren, in der man Wurzeln und Hitze spürt. tlb