■ Angola und Kamerun stimmten gegen Gewaltherrschaft
: Die Macht der Wahlverlierer

Freie, gleiche, allgemeine und geheime Wahlen gelten als das Nonplusultra der Demokratie. Die ganze Welt hat mittlerweile ihre Vorzüge entdeckt: von Rußland bis Angola, von El Salvador bis Kirgisien wird der Urnengang zum mehr als symbolischen Ritual, das eine neue Ära der Freiheit einläuten soll. Für den einwandfreien Ablauf stehen logistische Hilfen vom Ausland, internationale Wahlbeobachter und sogar UNO-Gesandte zur Verfügung. Doch wie sich gegenwärtig in Afrika zeigt, ist der Wahltag selber nicht das größte Problem. Die wahren Schwierigkeiten beginnen dann, wenn es um die Bestimmung eines Wahlsiegers oder -verlierers geht. Freie Stimmabgabe können die meisten Politiker heute hinnehmen. Daß sie dabei eventuell den Fortgang ihrer Karriere einbüßen, wollen sie oft nicht wahrhaben.

In Kamerun, wo der als korrupt und skrupellos geltende Präsident Biya keine formellen Wahlbeobachter aus dem Ausland duldete, hat trotz Manipulationen ein Kandidat aus der Bürgerrechtsbewegung die Präsidentschaftswahlen gewonnen. Sein Sieg hilft ihm bisher wenig, da die Regierung ihre Niederlage nicht zur Kenntnis nimmt und in der verbleibenden Frist bis zur Bekanntgabe des Endergebnisses alle Mittel – die Optionen reichen von einem erneuten Wahlgang bis zu Unruhen und einer französischen Militärintervention – ausnutzen wird, um ihre Haut zu retten. Auch in Angola setzte der Verlierer Jonas Savimbi alle militärischen und politischen Hebel in Gang, um seinen Gesichtsverlust zu kaschieren, und hat nun auf wundersame Weise die Ansetzung eines zweiten Wahlgangs erreicht. Savimbi ist ein international berüchtigter Kriegsherr, und seine Neigung, sich über die Gebote des zivilisierten Umgangs mit politischen Gegnern hinwegzusetzen, ist bekannt. Biya ist ein international anerkannter Staatschef, und an ihn müssen andere Maßstäbe angelegt werden. Wird er ungestraft dem Beispiel der Militärjunta von Birma folgen können, die einen Wahlsieg der Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi einfach ignorierte und ihr Terrorregime ungerührt aufrecht erhält?

Um ein Land zur Demokratie zu führen, reichen Wahlbeobachter nicht aus. Es sind auch die Folgen der Wahlen, die internationaler Aufmerksamkeit bedürfen. Warum sollten Länder des Nordens, die jahrzehntelang im Süden Gewaltherrscher alimentierten, jetzt nicht in einem anderen Sinne tätig werden – notfalls auch mit militärischen Mitteln? Demokratische Wahlsieger müssen auf Unterstützung zählen können, um Schwierigkeiten mit den Wahlverlierern zu bestehen. Sonst verkommen Wahlen zu Trockenübungen. Der Freiheitsdurst aber bleibt, und er richtet sich dann gegen diejenigen Mächte, deren Untätigkeit Diktatoren am Leben erhält. Dominic Johnson