Die Zeugen können sich kaum erinnern

Die Beweisführung im „Elbterrassenprozeß“ gestaltet sich schwierig/ ZeugInnen wurden teils schwer verletzt/ Angeklagte wurden nur von wenigen erkannt  ■ Aus Magdeburg Bettina Markmeyer

Im Magdeburger Prozeß gegen fünf rechte Skinheads begann das Gericht gestern, ZeugInnen aus der Punkszene zu vernehmen, die zum Teil als NebenklägerInnen auftreten. Drei der ZeugInnen, die am Vormittag aussagten, waren bei dem Überfall auf die Gaststätte „Elbterrassen“ am 9.Mai dieses Jahres teils schwer verletzt worden. Etwa 60 Jugendliche aus der rechten Szene hatten an jenem Abend eine Geburtstagsparty von Punks überfallen, zehn Menschen verletzt und dem 23jährigen Torsten Lamprecht den Kopf zertrümmert, so daß er wenig später starb. Lamprechts Ermordung ist aber nicht angeklagt, da die Ermittlungen keine ausreichenden Anhaltspunkte erbrachten, daß einer der Angeklagten ihn erschlagen haben könnte.

Die 22jährige Ute K. saß auf einer Bank und beobachtete Tanzende, darunter Lamprecht, als sie von hinten „mit einem harten Gegenstand“ auf den Kopf geschlagen und sofort bewußtlos wurde. Erst im Krankenhaus kam sie wieder zu sich. Sie wurde wegen eines Schädelbruchs behandelt und ein halbes Jahr krankgeschrieben. Noch heute kann sie auf dem rechten Ohr nicht richtig hören. Dem Gericht sagte die Zeugin, sie habe zunächst nicht aussagen wollen, weil sie sich durch die Angeklagten, vor allem aber durch die stets zahlreich zu den Verhandlungen erscheinenden Rechtsradikalen, weiter bedroht fühle.

Auch Mario M., der neben Lamprecht auf der Tanzfläche stand, wurde sofort – vermutlich mit einem Stock oder Baseballschläger – niedergeschlagen. Während er einen Tag nach dem Überfall bei der Polizei ausgesagt hatte, er habe Lamprecht blutend und bewußtlos neben sich liegen sehen und Hilfeschreie gehört, als er aus der Bewußtlosigkeit erwachte, erinnerte sich der Zeuge gestern an nichts mehr, wollte „auch nich eenen von denen“, also den rechten Jugendlichen, gesehen oder erkannt haben. Mario M. leidet seit dem Überfall an „regelmäßigen Zusammenbrüchen“, vermutlich eine Folge seiner schweren Schädelverletzungen. Auch der dritte Zeuge, dessen Geburtstag gefeiert worden war, kannte zwar die Angeklagten, konnte aber keinem eine bestimmte Tat zuordnen. Die Zeugenvernehmungen gestern offenbarten die Schwierigkeiten der Beweisführung in diesem Prozeß: Viele ZeugInnen und angeblich auch einer der Angeklagten halten sich, vermutlich aus Angst vor weiteren Gewalttaten, mit präzisen Angaben zurück.