Gegen den Trott

■ Ein Roadmovie zu Fuß: Margit Czenki dreht in Hamburg mit zehn Hauptdarstellern ihren zweiten Film 'Ständig unterwegs–

dreht in Hamburg mit zehn Hauptdarstellern ihren zweiten Film Ständig unterwegs

Drangvolle Enge herrschte gestern im Vorführraum des Metropolis. Über ein Dutzend Menschen, Beleuchter, Schauspielerinnen, Tontechniker und Kostümbildner versuchen sich nicht in die Quere zu kommen. Kamerafrau Hille Sagel balanciert geschickt auf ihrem kleinen Podest hinter der Kamera. Regisseurin Margit Czenki bittet die Schauspielerin Francoise Cactus, den Kaugummi wegzulassen: „Sieht einfach blöde aus.“ Francoise ist in Czenkis neuem Film, ArbeitstiteL: Ständig unterwegs, die junge Frau Jo.

Jo ist eine der zehn Hauptrollen dieses Roadmovies zu Fuß. Eine Gruppe junger Jobber schlägt sich durch den Alltag St.Paulis, fast alle sind musikalisch engagiert - Ähnlichkeiten mit lebenden Bands sind nur fast rein zufällig. Sie sollen ein Lebensgefühl sichtbar machen, das sich mit Witz und Zivilcourage gegen Alltagstrott, Langeweile, Gleichgültigkeit und nationalistisch-rassistische Dumpfheit zur Wehr setzt. Klar, daß die meisten zusammen in einer Band spielen, daß sie sich gegenseitig in ihren kreativen Produktionen unterstützen, und daß sie Geheimnisse aus der Geschichte St.Paulis entdecken. Eine der Entdeckungen ist das Schicksal der Malerin Elfriede Lohse-Wächtler, die in den 30er Jahren nahe der Reeperbahn lebte, trotz größter Armut den Pinsel nicht weglegte und an ihren Motiven festhielt: Am Milieu, das sie wie die vielen Chinesen, Cinti und Roma, die wie der Hafen zum Viertel gehörten, portraitierte.

Margit Czenki schrieb das Drehbuch und arbeitete es zusammen mit den Hauptdarstellern, vier jungen Frauen und sechs jungen Männern, die auch im wirklichen Leben in St.Pauli leben, noch einmal durch. Schließlich geht es um ihren jungen Blick auf die Welt, betont Margit Czenki. Eher als Kontrapunkt verfolgt auch der kalte Blick eines Zivilpolizisten den Lauf der Handlung durch ein Videoauge. Die Spielfilmcollage, die die Regisseurin weder mit Realismus noch mit sozialpädagogischer Erziehungsabsicht beschweren will, soll im Februar fertig sein. 600000 Mark ist der Etat für das kleine Fernsehspiel, das hoffentlich auch in den Kinos zu sehen sein wird. jk